Umverteilung:SPD zieht mit Reichensteuer in den Wahlkampf

Wer mehr als 250.000 Euro im Jahr verdient, soll laut SPD-Wahlmanifest einen Zuschlag von drei Prozent zahlen. Parteichef Müntefering sagte, das Geld solle in Bildung, Forschung und neue Technologien investiert werden. Im Gegenzug sehen die Sozialdemokraten von einer Mehrwertsteuererhöhung ab.

Darüber hinaus beschloss das Parteipräsidium in einer Sondersitzung zur Beratung des Wahlmanifests am Sonntag in Berlin, eine SPD-geführte Regierung werde nach der Neuwahl die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.

Noch umstritten sind Punkte wie ein gebührenfreies Kindergartenjahr und die Anhebung des Arbeitslosengelds II im Osten auf Westniveau. Strittige Punkte sollen am kommenden Freitag geklärt werden.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering erklärte, Voraussetzung für den Steuerzuschlag bei Topverdienern sei die rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen. Die Reichensteuer soll als so genannter Steuerbalkon von drei Prozent ab 250.000/500.000 Euro Einkommen im Jahr (Ledige/Verheiratete) auf den Spitzensteuersatz aufgeschlagen werden.

Das Geld soll in einen Fonds für Bildung, Forschung und Technologien fließen. Wieviel dieser Zuschlag erzielen könnte, wollte Müntefering nicht konkret beziffern. Er sprach aber von einer "knapp siebenstelligen Zahl".

Beschlossene Punkte im Wahlmanifest sind darüber hinaus die Bürgerversicherung und die Forderung nach einem Mindestlohn in Branchen, in denen das geplante Entsendegesetz nicht greifen wird.

Bundeskanzler Gerhard Schröder habe außerdem mehrfach den "Doppelpol" Wachstum und soziale Sicherheit als zentrale Forderungen der SPD herausgestellt, sagte Müntefering. Noch kein Einvernehmen sei auch bei der Binnenmarktförderung erzielt worden, erklärte der SPD-Vorsitzende.

Denkbar sei, den Katalog der Maßnahmen zu erweitern, deren Kosten als Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen mit maximal 20 Prozent bei der Steuer geltend gemacht werden können. Auch über die Begünstigung haushaltsnaher Dienstleistungen, von der SPD lange als Dienstmädchenprivileg kritisiert, denkt die Parteiführung nach.

Außerdem wird ein Elterngeld erwogen, damit Mütter und Väter für ein Jahr aus dem Beruf aussteigen können.

Beibehalten blieben "Selbstverständlichkeiten" wie das Bafög, sagte Müntefering. Studiengebühren lehnten die Sozialdemokraten weiter ab. Die in der vergangenen Woche auf Ebene der Finanzpolitiker im Bundestag gescheiterte Unternehmensteuerreform solle voran getrieben werden.

Manifest wird am 4. Juli verabschiedet

Wegen der am Sonntagabend beginnenden USA-Reise von Bundeskanzler Gerhard Schröder war die Präsidiumssitzung um einen Tag vorverlegt worden. Schröder und Müntefering legten einen Entwurf für das rund 30-seitige Wahlmanifest vor. Noch fehlt aber der Vorspann.

Nach einer weiteren Diskussion im Präsidium soll das Programm am 4. Juli vom Parteivorstand, dem beschlussfassenden Gremium zwischen den Parteitagen, verabschiedet werden. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement forderte ein vernünftiges und gutes Wahlprogramm, das die Menschen auch erreiche.

Für ihn seien die Punkte Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik besonders wichtig, erklärte er. Die baden-württembergische SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt sagte, ein Wahlsieg der SPD sei "eine schwere Aufgabe, aber es lohnt sich, dafür einzutreten".

Unterdessen haben SPD-Politiker bereits vor der für 1. Juli angesetzten Vertrauensfrage von Kanzler Schröder im Bundestag mit dem Wahlkampf begonnen. Die Initiative der Basis (wirkaempfen.De) demonstrierte mit einem Großplakat am Sonntag vor der SPD-Zentrale und erklärte, man wolle "endlich Union und FDP stellen". Teamchef Jürgen Neumeyer meinte: "Die Partei will jetzt schon loslegen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: