Umstrittenes Handelsabkommen:Mindestens 160 Verletzte bei Protesten in Taiwan

Taiwan student protesters occupy Cabinet building

Taiwanische Polizisten nehmen einen Demonstranten vor dem Kabinettsgebäude in Taipeh fest.

(Foto: dpa)

In der taiwanischen Hauptstadt Taipeh eskalieren die Demonstrationen gegen einen Handelspakt mit China: Demonstranten stürmen den Regierungssitz - bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Aktivisten werden mehr als 150 Menschen verletzt.

In Taiwan sind die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen ein umstrittenes Handelsabkommen mit Peking eskaliert. Beim jüngsten Zusammenstoß zwischen Demonstranten und Polizisten wurden in der Hauptstadt Taipeh mindestens 160 Menschen verletzt.

In der Nacht hatten Hunderte Demonstranten den Regierungssitz gestürmt. Sie rissen Barrikaden aus Stacheldraht nieder und drangen mit Leitern in den zweiten Stock des Gebäudes ein. Die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer ein, um das Gebäude zu räumen. "Plötzlich wurden wir mit Wasser angegriffen, der Druck war sehr stark", sagte der an den Protesten beteiligte frühere Ministerpräsident Frank Hsieh von der oppositionellen Demokratischen Fortschrittspartei, welche die Proteste gegen das Handelsabkommen anführt. 160 Menschen wurden verletzt. Zudem gab es nach Regierungsangaben 61 Festnahmen.

Präsident betont Vorteile für die Wirtschaft

Vergangene Woche hatten bereits 200 Demonstranten, überwiegend Studenten, das Parlamentsgebäude in Taipeh gestürmt und das Oberhaus besetzt. Präsident Ma Ying-jeou warf den Aktivisten einen "Gesetzesverstoß" vor und verteidigte das angestrebte Abkommen, das den Handel mit China in Dutzenden Wirtschaftszweigen erleichtern soll. Ma erklärte nach den jüngsten Ausschreitungen, die Regierung verurteile Gewalt und habe die Proteste "dem Gesetz entsprechend" aufgelöst.

Während Ma von Vorteilen für die taiwanische Wirtschaft spricht, rechnen die Gegner des Abkommens mit einer ökonomischen Schwächung. Zudem fürchten sie, dass Peking das Abkommen als Druckmittel gegenüber Taipeh nutzt.

China betrachtet die dem Festland vorgelagerte Insel Taiwan seit der Revolution von 1949 als abtrünnige Provinz und strebt eine Wiedervereinigung an. Auch ein militärisches Vorgehen schließt Peking weiterhin nicht aus, sollte sich Taiwan formell für unabhängig erklären.

Die bilateralen Beziehungen verbesserten sich jedoch deutlich seit der Wahl von Ma im Jahr 2008. Ma und seine Kuomintang-Partei setzen auf Entspannung, die oppositionelle Demokratische Fortschrittspartei lehnt eine Annäherung an China dagegen ab. Sie warnte vor weiteren Protesten und neuer Gewalt.

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