Umstrittene Todesstrafe:Drei Mörder in Japan hingerichtet

In Japan ist erstmals seit 2010 die Todesstrafe an drei verurteilten Mördern vollstreckt worden. Gegner kritisieren den japanischen Strafvollzug als besonders grausam: Die Todeskandidaten erfahren erst wenige Minuten vorher vom Zeitpunkt ihrer Hinrichtung und dürfen sich nicht von ihren Angehörigen verabschieden.

In Japan sind drei zum Tode verurteilte Mörder hingerichtet worden. Das gab Justizminister Toshio Ogawa bekannt. Die Männer starben am frühen Donnerstagmorgen in drei verschiedenen Gefängnissen am Galgen. Es waren die ersten Vollstreckungen seit 20 Monaten. Gegner der Todesstrafe übten scharfe Kritik an den erneuten Exekutionen.

Bei den Hingerichteten handelte es sich um einen 48-Jährigen, der 1999 mit einem Auto in einen Bahnhof in der westjapanischen Provinz Yamaguchi raste und fünf Menschen erstach. Ein 46-Jähriger wurde für den Doppelmord an seinen Schwiegereltern und Stiefsohn 2002 in Tokios Nachbarstadt Yokohama bestraft. Der 44 Jahre alte Yasutoshi Matsuda war wegen des Raubmordes an zwei Barbesitzerinnen verurteilt worden.

Das Inselreich Japan gehört neben den USA zu den wenigen Industriennationen, die noch Hinrichtungen vornehmen. Menschenrechtsaktivisten prangern seit Jahren den Umgang der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt mit der Todesstrafe sowie die berüchtigten Haftbedingungen an.

Als besonders grausam kritisieren Menschenrechtsorganisationen und ausländische Regierungen, dass den Todeskandidaten in Japan der Zeitpunkt der Vollstreckung nicht mitgeteilt wird. Sie leben oft jahrelang in Einzelhaft. Erst wenige Minuten vor ihrer Hinrichtung wird den Gefangenen gesagt, dass sie sterben werden.

Angst treibt Häftlinge in den Wahnsinn

Die dauernde Angst, dass es jeden Tag soweit sein könnte, treibt nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen viele Todeskandidaten in den Wahnsinn. Ist der Todestag gekommen, dürfen sie sich von ihren Angehörigen nicht mehr verabschieden. Die Angehörigen erfahren von den Hinrichtungen erst im Nachhinein.

Derzeit sitzen 132 Verurteilte in japanischen Todeszellen; das ist mit der höchste Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Todesstrafe wird üblicherweise ausschließlich für mehrfachen Mord verhängt.

Zuletzt hatte im Juli 2010 die damalige Justizministerin Keiko Chiba die Hinrichtung zweier Mörder angeordnet, obwohl sie persönlich die Todesstrafe seit langem ablehnte. Chiba wohnte der Vollstreckung als erste Justizministerin selbst bei und genehmigte anschließend erstmals Medienvertretern, die Todeskammer zu besichtigen. Damit wollte sie die Diskussion über die Todesstrafe anheizen - offenbar vergeblich: Zu einer öffentlichen Debatte ist es bis heute nicht gekommen.

Giftgas-Drahtzieher in der Todeszelle

Nach Angaben des amtierenden Justizminister Ogawa befüwortet in Umfragen die Mehrheit der Bürger die Todesstrafe für brutale Mörder. Nach Angaben von Kritikern hatte der Giftgasanschlag der Endzeitsekte Aum Shinrikyo 1995 auf die Tokioter U-Bahn, bei der 13 Menschen getötet und Tausende verletzt worden waren, der bis dahin wachsenden Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe ein Ende bereitet.

Nur wenige Menschen hätten es gewagt, sich gegen die Verhängung der Todesstrafe gegen die Verantwortlichen des mörderischen Anschlags um den Sektengründer und verurteilten Drahtzieher Shoko Asahara öffentlich auszusprechen. Asahara sitzt derzeit in einer Todeszelle.

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