Umstrittene Reform von Viktor Orbán:Ungarns Parlament beschneidet Wahlrecht

Ungarn Wahlrecht Orban Fidesz

Wer die Registrierung verpasst, verliert sein Wahlrecht. Das entschied das ungarische Parlament in Budapest.

(Foto: AFP)

Wer in Ungarn künftig wählen will, muss sich das zeitig überlegen: Die Ausübung des Wahlrechts ist dort ab sofort an eine vorherige Registrierung gebunden. Auch der Wahlkampf wird strikter reguliert. Kritiker befürchten, dass Regierungschef Orbán damit seine Macht festigen will.

Wer in Ungarn künftig wählen will, muss sich vorher registrieren lassen. Die rechts-konservative Regierungsmehrheit billigte am Montagabend im ungarischen Parlament eine diesbezügliche Novelle der Wahlordnung. Demnach müssen sich wahlwillige Wähler bis 15 Tage vor der nächsten Parlamentswahl, voraussichtlich im Frühjahr 2014, bei der zuständigen Wohngemeinde registrieren lassen.

Wer die Frist versäumt, darf nicht wählen. Bisher reichte wie in Deutschland der Ausweis als Nachweis am Wahltag aus. Nur wahlberechtigte Ungarn, die im Ausland leben, können die Registrierung auch brieflich vornehmen.

Mit der Zweidrittelmehrheit seiner Fidesz-Abgeordneten hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán das umstrittene neues Wahlgesetz durch das Parlament gebracht. Die Reform wurde am Montag mit 231 Stimmen bei 63 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen vom Parlament verabschiedet. Kritiker werfen Orbán vor, mit der grundlegenden Wahlrechtsreform und angesichts sinkender Umfragewerte seine Macht über das Ende seiner Amtszeit hinaus zementieren zu wollen.

"Regierung gibt sich alle Mühe, die Wähler von den Urnen fernzuhalten"

Gleichzeitig verkürzt das Gesetz die Wahlkampfperiode von 90 auf 50 Tage. In der Zeit dürfen Parteien nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in Zeitungen und im Internet Wahlbotschaften veröffentlichen, nicht aber bei den populären privaten Radio- und Fernsehsendern. Schon vor den neuen Reformen hatte die Regierung die Zahl der Abgeordneten von 386 auf 200 gesenkt, den Zuschnitt der Wahlkreise geändert und bestimmt, dass es nur noch einen Wahldurchgang und keine Stichwahlen mehr gibt.

Die Regierung argumentiert, die neuen Regeln sparten den Parteien Kosten. Ihre Gegner jedoch kritisieren, den Oppositionsparteien werde dadurch die Mobilisierung ihrer Wähler weiter erschwert.

"Die Regierung gibt sich alle Mühe, die Wähler von den Urnen fernzuhalten", sagte Csaba Toth vom Institut Republikon. Nach Angaben von Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány könnten "mindestens zwei Millionen Stimmberechtigte" davon abgehalten werden, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Der sozialistische Politiker rief ebenso wie Parteichef Attila Mesterházy Präsident János Áder auf, seine Unterschrift unter dem neuen Wahlgesetz zu verweigern und das Verfassungsgericht einzuschalten.

Beim Urnengang vor zwei Jahren hatte die Beteiligung noch bei 75 Prozent gelegen, die Wähler stimmten mit überwältigender Mehrheit für Orbán und seine Partei Fidesz. Angesichts der trüben Wirtschaftslage schwindet jedoch die Popularität der Regierung zusehends: Laut jüngsten Umfragen des Instituts Median wollen nur noch 22 Prozent bei den Wahlen 2014 für die Rechtspopulisten stimmen, 37 Prozent sind unentschlossen. Die neue Bewegung des parteilosen früheren Regierungschefs Gordon Bajnai, "Gemeinsam 2014", käme demnach auf 14 Prozent und die sozialistische MSZP auf zehn Prozent.

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