Umstrittene EU-Reform:Der Datenschutz muss warten

Die umstrittene Reform der europäischen Datenschutzregeln verzögert sich erneut: EU-Justizkommissarin Reding kündigte an, dass eine Einigung vor der Europawahl nicht mehr möglich sei. Nach der Wahl dürfte dies allerdings nicht einfacher werden.

Mindeststandards für Datenschutz in Europa - die europäische Reform galt als ambitioniertes Projekt, das eigentlich noch in diesem Jahr vor der Europawahl verabschiedet werden sollte. Im Oktober vergangenen Jahres hatte sich das Europäische Parlament auf eine Position geeinigt und war damit bereit, in die sogenannten Trilog-Verhandlungen mit Rat und Kommission zu gehen.

Doch nun dämpft EU-Justizkommissarin Viviane Reding die Erwartungen: Die Novelle werde nicht mehr vor der Europawahl im Mai endgültig verabschiedet, sagte sie in Athen vor einem Treffen der EU-Justizminister. Sie hoffe aber auf eine Einigung der EU-Staaten im Juni. "Die bilateralen Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europaparlament können dann Anfang Juli beginnen, wenn das Europaparlament im Amt ist."

Mitgliedsstaaten bremsen

Allerdings ist nicht das Parlament das Problem, dies hatte ja Ende Oktober den Kompromiss rechtzeitig abgesegnet, um eine Verabschiedung noch vor der Europawahl im Mai 2014 zu ermöglichen. Die Mitgliedsstaaten bremsen. Denn die streiten auch nach mehr als zwei Jahren noch über zentrale Punkte des Vorhabens, das den Schutz der Verbraucher und ihrer Daten gegenüber Internetkonzernen wie Facebook, Google und Co. stärken soll. Umstritten ist insbesondere die Frage, ob immer die Datenschutzbehörde jenes Landes zuständig sein soll, in dem ein Unternehmen seinen Sitz hat.

Bereits im vergangenen Jahr hieß es in Redings Umfeld, dass eine Verabschiedung nicht vor Ende 2014 realistisch sei. Die Verzögerung ist ein Rückschlag für die Umsetzung einheitlicher Datenschutz-Mindeststandards des Europäischen Parlaments: Die Novelle soll die geltenden Datenschutzbestimmungen aus dem Jahr 1995 ersetzen. Reding verabschiedet sich damit offiziell von ihrem Ziel, die Reform vor der Europawahl im Mai und somit unter ihrem laufenden Mandat unter Dach und Fach zu bringen. Den nun präsentierten Zeitplan verabredete die Luxemburgerin am Mittwochabend mit den Unterhändlern des Europaparlaments, der derzeitigen griechischen EU-Ratspräsidentschaft und Italien, das ab der Jahresmitte von Griechenland den Vorsitz über die EU-Treffen und somit die Verantwortung für die Verhandlungen über die Datenschutzreform übernimmt.

"Wir haben den Aktionsplan aufgestellt, wie wir in den nächsten Monaten Datenschutz unter Dach und Fach bringen können", sagte Reding. "Das Parlament will im Plenum noch einmal vor Ostern abstimmen. Und dann ist es an den Italienern, sobald das neue Parlament sich zusammengesetzt hat, im Juli die bilateralen Verhandlungen zu beginnen", fügte sie hinzu.

Nach der Wahl ändert sich die Zusammensetzung des Europaparlaments und der EU-Kommission. Das könnte die Reform in noch weitere Ferne rücken.

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