Umstrittene Bundestagsabgeordnete:Erika Steinbach verlässt die CDU

Erika Steinbach

Erika Steinbach wird nicht mehr im Raum der Unionsfraktion im Bundestag anzutreffen sein.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)
  • Erika Steinbach verlässt die CDU, behält aber ihr Bundestagsmandat.
  • Sie könne nicht CDU wählen und würde heutzutage auch nicht mehr eintreten, deshalb sei der Austritt die "ehrliche Schlussfolgerung", sagt Steinbach in einem Interview.
  • Die Politikerin will derzeit nicht zur AfD übertreten, hofft aber auf einen Wahlerfolg der Rechtspopulisten.

Schwer zu sagen, wer sich mehr von wem entfremdet hat: die CDU von Erika Steinbach oder Erika Steinbach von der CDU. Wenn es in der Partei um die frühere Präsidentin des Bundes der Vertriebenen ging, dann meist um ihre umstrittenen Äußerungen. "Wie in einer Diktatur" gehe die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik vor, schrieb Steinbach im März 2016 auf Twitter, ihrem präferierten Medium. Dort hatte sie 2012 auch verkündet, die NSDAP sei eine linke Partei gewesen.

In diesen und anderen Fällen gab es den Ruf nach Konsequenzen, nach einem Parteiausschluss, doch ihre Parteikollegen schluckten den Ärger herunter. Vielleicht warteten sie auch nur auf die Ankündigung, die Erika Steinbach am Samstagabend verlauten ließ. Diesmal nicht über Twitter, sondern in der Welt am Sonntag: Sie mache Schluss, verkündete sie in einem Interview.

Steinbach, seit 1974 Parteimitglied, seit 1990 Bundestagsabgeordnete, seit 2000 im Bundesvorstand, tritt aus der CDU aus. Sie würde "aktuell" nicht CDU wählen und "heutzutage gar nicht in die CDU eintreten", sagte sie. "Deshalb kann ich nur die ehrliche Schlussfolgerung ziehen, die CDU zu verlassen." Die Flüchtlingspolitik gehe "am Recht vorbei", dahinter stecke "politischer Wille". Dass Kanzlerin Merkel im Herbst 2015 die Grenzen nicht schloss und Flüchtlinge aus Ungarn einreisen ließ, war für Steinbach "eine gewollte Maßnahme entgegen unserer gesetzlichen Regelungen und entgegen EU-Verträgen".

"Fleisch vom Fleisch der CDU"

Auch bei der Energiewende und bei der Eurorettung habe sich die Kanzlerin über geltendes Recht hinwegsetzen können, weil es "praktisch keine Opposition mehr im Deutschen Bundestag" gebe.

Das klingt auffällig nach Aussagen der AfD, die Steinbach für "Fleisch vom Fleisch der CDU" hält und die Themen aufgreife, die "in den vergangenen Jahren defizitär geworden sind". Zu den Rechtspopulisten übertreten wolle die aus Hessen stammende Steinbach "aktuell" nicht. "Aber ich hoffe, dass die AfD in den Bundestag einzieht, damit es dort endlich wieder eine Opposition gibt. Nur so bleibt die Demokratie lebendig."

Ihr Bundestagsmandat will Steinbach übrigens behalten. "Ich bin in meinem Wahlkreis direkt gewählt worden, und werde die Menschen dort bis zum Ende der Legislaturperiode auch vertreten", sagte sie der Bild-Zeitung. Von denen bin ich allerdings nicht für die Flüchtlingspolitik gewählt worden." Ihren Twitteraccount behält Steinbach mutmaßlich auch. Zuletzt arbeitete sie sich daran ab, dass sich die Hamburger Elbphilharmonie auf Englisch bei Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck für die Teilnahme an der Eröffnungsfeier bedankt hatte. Steinbach: "Hm, hat man dort die deutsche Sprache verlernt?"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: