Umfragetief der FDP:Nervig wie ein zu laut aufgedrehtes Radio

An ihrem derzeitigen Umfragetief sind die Liberalen selbst schuld. Verblendet, aggressiv und überheblich hat die FDP ihren Ruf ruiniert.

Peter Fahrenholz

Manchmal steckt im Moment des größten Erfolges bereits der Keim des Niedergangs. Die Reaktion der FDP auf ihren Wahlsieg im Herbst war nicht verständliche und zunächst auch überschäumende Freude. Es war eher der aggressive Triumph einer Sekte, die sich im Besitz der alleinigen Wahrheit wähnt. Die FDP, das war wie ein zu laut aufgedrehtes Radio, in dem immer der gleiche Song gespielt wird. Jeder weiß: So etwas nervt kolossal. Nach nur acht Monaten ist von dem überbordenden Selbstbewusstsein nicht mehr viel übrig geblieben. In den Umfragen ist die FDP regelrecht abgestürzt. Die Liberalen haben binnen weniger Monate ihre gesamte Reputation verspielt, und sie sind daran selber schuld.

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Kleine FDP-Fähnchen auf dem Landesparteitag der Liberalen in Eberswalde (Barnim) am 27.03.2010.

(Foto: dpa)

Das liegt zum einen an ihrer Hybris. Fast 15 Prozent sind für eine kleine Partei sicher ein grandioses Ergebnis. Aber auch damit bleibt man in jeder Regierung nur der Juniorpartner. Wer da die geistig-politische Wende ausruft, überhebt sich. Der zweite Grund ist Verblendung. Der Sieg der FDP hat nur wenig mit der Attraktivität ihrer politischen Forderungen zu tun. Den Menschen ist eher wurscht, ob der Steuertarif nun in drei, fünf oder sieben Stufen verläuft. Viel eher war der Zulauf zur FDP dem Überdruss an der großen Koalition zu verdanken. Wer nicht wollte, dass die Union wieder mit der SPD zusammengehe, hatte sicherheitshalber FDP gewählt.

Der dritte Grund ist die Immunität der Liberalen gegen jede Form von Kritik. Den Pius-Brüdern kann vielleicht egal sein, was die Welt von ihnen denkt. Eine Partei aber, die auf den aufgeklärten Teil der Gesellschaft setzt, kann nicht auf Dauer ignorieren, wenn sie dort auf keinerlei positive Resonanz stößt.

Die FDP hat kein einziges politisches Projekt anzubieten, das diesen aufgeklärten Teil der Gesellschaft fasziniert oder auch nur interessiert. Stattdessen werden die Liberalen mit den beiden unpopulärsten Projekten identifiziert, die es derzeit gibt: Steuersenkungen, die sich das Land nicht leisten kann und einer Kopfpauschale im Gesundheitssystem. Einen strategischen Kopf, der die FDP wieder auf ein breiteres Fundament stellen könnte, hat die Partei nicht.

Dabei wäre bei vier Parteien im Parlament, die in letzter Konsequenz eher auf den Staat vertrauen, Platz für eine wirklich liberale Partei, die Gemeinschaft auf der Basis individueller Freiheit organisieren will. Es müsste eine Partei sein, die im Staat keinen Feind sieht wie die FDP, weil sie weiß, dass nur ein funktionierender Staat die elementaren Freiheiten garantieren kann. Eine Partei, die nicht auf die Selbstheilungskräfte des Marktes setzt, sondern auf die Kraft einer intakten Gesellschaft. Eine Partei, die im Eigennutz eine legitime Antriebsfeder sieht, die aber weiß, dass Gemeinsinn hinzukommen muss, wenn das Ganze im Lot bleiben soll. Eine Partei, die auch in kritischen Situationen die Stimme der Vernunft ist. Eine solche Partei könnte das Land gut gebrauchen. Die FDP ist das alles nicht.

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