Ukraine:Warlord ersetzt Warlord

Das Oberhaupt der Separatisten im ostukrainischen Lugansk verschätzt sich bei einem Machtkampf - und wurde nun selbst ins Exil gedrängt.

Von Florian Hassel, Warschau

Es sollte aussehen wie der bedauerliche Abgang eines verdienten Staatsoberhaupts: Mit ernster Miene verkündete Leonid Pasetschnik Ende vergangener Woche, Igor Plotnizkij, Oberhaupt der von Moskau kontrollierten "Volksrepublik Lugansk" im Osten der Ukraine, sei "aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten". Er, Pasetschnik, werde das Amt nun bis zur nächsten Wahl kommissarisch besetzen.

Tatsächlich erfreut sich das unterdessen in Moskau aufgetauchte ehemalige Oberhaupt der Separatistenregion bester Gesundheit. Igor Plotnizkij machte jedoch den Fehler, ohne Absprache mit Moskau einen Machtkampf zu beginnen. Der als hoch korrupt geltende ehemalige Warlord stand seit drei Jahren an der Spitze von Lugansk, nun wollte er in "Innenminister" Igor Kornet einen anderen Warlord ausschalten. Doch Kornet, der an Russlands Geheimdienst FSB berichtet, hatte im Machtkampf die besseren Karten: Er setzte mit Hilfe Dutzender schwer Bewaffneter, die Separatistenführer Alexander Sachartschenko aus Donezk und offenbar auch der FSB zur Unterstützung schickten, seinerseits Plotnizkij ab. Neues Oberhaupt wurde indes nicht Kornet selbst, sondern Leonid Pasetschnik: 47 Jahre alt, Sohn einer russischen Polizistenfamilie und Veteran des ukrainischen und wahrscheinlich auch des russischen Geheimdienstes.

Das neue Oberhaupt der Separatistenregion arbeitete einst für den Geheimdienst der Ukraine

Der neue Führer von Lugansk, neben der "Volksrepublik Donezk" die zweite von Moskau organisierte Separatistenregion der Ostukraine, leitete dort bisher das "Ministerium für Staatssicherheit": Dieses untersteht nach SZ-Informationen wie auch sein Gegenstück in Donezk direkt dem FSB in Moskau. Laut Kyiv Post lebte Pasetschnik erst im russischen Magadan, studierte später an einer Militärschule und arbeitete für den ukrainischen Geheimdienst SBU an der Grenze zu Russland.

SBU-Veteranen zufolge wurde Pasetschnik wahrscheinlich vor 2006 auch vom russischen FSB angeworben. Nach der von Moskau organisierten Machtübernahme der Separatisten in der Ostukraine wurde Pasetschnik im Herbst 2014 "Minister". Er soll am Schmuggel von Lebensmitteln, Öl, Kohle und Waffen zwischen Russland und der Ukraine beteiligt sein. Die Einsetzung von Pasetschnik als Oberhaupt der Rebellenregion wird als Sieg des FSB in einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe in Moskau gewertet, die von Wladislaw Surkow geleitet wird, dem Kreml-Beauftragten für die Ostukraine.

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