Ukraine:Ukrainische Regierung wirft Saakaschwili Hochverrat vor

Ukraine: Weiß seinen Protest zu inszenieren: Ex-Präsident Michail Saakaschwili bei seiner Festnahme am Dienstag.

Weiß seinen Protest zu inszenieren: Ex-Präsident Michail Saakaschwili bei seiner Festnahme am Dienstag.

(Foto: AFP)
  • Neuer Aufruhr um den früheren Gouverneur von Odessa: Am Dienstagmorgen verhaftet ein Geheimdienstkommando Saakaschwili, später befreien ihn Gefolgsleute.
  • Der Ex-Präsident Georgiens war von Präsident Poroschenko in die Ukraine geholt worden, seit dem Zerwürfnis der beiden ist er staatenlos.
  • Die Regierung wirft Saakaschwili nun vor, er habe mit dem früheren Präsidenten Janukowitsch paktiert, um einen Regierungsumsturz zu betreiben.

Von Florian Hassel

Die ukrainische Führung wirft Michail Saakaschwili, dem früheren Präsidenten Georgiens und Ex-Gouverneur von Odessa, Hochverrat vor. Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko, ein enger Gefolgsmann des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, behauptete, Saakaschwili und sein Umfeld hätten sich mit dem Anfang 2014 nach Russland geflohenen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch und dessen Gefolgsmann Serhiy Kurtschenko verschworen und 500 000 Dollar zur Finanzierung von Umsturzplänen erhalten.

Der Generalstaatsanwalt präsentierte angebliche Telefonate Saakaschwilis und Kurtschenkos; Belege für die Zahlungen seien bei einem verhafteten Mitarbeiter Saakaschwilis gefunden worden. Jeder Politiker, teilte der Chefankläger mit, der für seine politischen Ziele Kontakt zu Janukowitsch und dessen Umfeld herstelle, um gestohlene Gelder "zur Eroberung der Macht einzusetzen, hört auf, Politiker zu sein", so Luzenko. Saakaschwili sei "eines besonders schweren Verbrechens" verdächtig.

In der "Bewegung neuer Kräfte" will Saakaschwili sein Glück wenden

Saakaschwili nannte die Vorwürfe "eine freche Lüge, um mich zu diskreditieren". Der Georgier erhielt 2015 von Poroschenko die ukrainische Staatsbürgerschaft und wurde zum Gouverneur der Region Odessa ernannt. Dort trat Saakaschwili, der in Georgien wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch angeklagt ist, als Kämpfer gegen Korruption auf und nahm auch Verbündete des Präsidenten ins Visier. 2016 trat Saakaschwili zurück und wurde zum scharfen Kritiker Poroschenkos. Dieser entzog seinem Widersacher im Juli 2017 in einem mutmaßlich illegalen Verfahren die ukrainische Staatsbürgerschaft und verbot ihm die Einreise.

Anfang September passierte der von einer Auslandsreise zurückkehrende Saakaschwili dennoch die ukrainische Grenze, beschützt von mehreren Hundert Anhängern. Seitdem versucht er, sein politisches Los an der Spitze der "Bewegung neuer Kräfte" zu wenden. In Kiew führte Saakaschwili Proteste an, die Poroschenko der Korruption bezichtigen und die Schaffung eines unabhängigen Anti-Korruptions-Gerichts, die Aufhebung der Immunität von Parlamentariern und ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten fordern.

Generalstaatsanwalt Luzenko will eine elektronische Fußfessel beantragen

In der ukrainischen Bevölkerung findet Saakaschwili kaum Zustimmung. Das Problem der Korruption hingegen sehen Ukrainer als das drängendste überhaupt an. In den vergangenen Tagen behaupteten führende ukrainische Funktionäre mit teils detaillierten Angaben, Präsidialverwaltung, Generalstaatsanwalt und der Geheimdienst SBU sabotierten systematisch Korruptionsermittlungen oder setzten diese gegen politische Gegner ein.

Saakaschwili führte zuletzt am Sonntag eine Kundgebung gegen den Präsidenten an, an der Tausende Menschen teilnahmen. Am Dienstagmorgen verhaftete ein Geheimdienstkommando Saakaschwili in seiner Wohnung im Zentrum Kiews. Dieser floh zunächst aufs Dach, wurde jedoch von Spezialeinheiten heruntergeholt. Als die Beamten ihn in einem Minibus zum Verhör bringen wollten, brachen dessen Anhänger die Tür des Fahrzeugs auf. Saakaschwili stieg wieder aus und führte später einen Protest vor dem Parlament an, bei dem er zum Sturz Poroschenkos aufrief. Generalstaatsanwalt Luzenko verkündete, er wolle für Saakaschwili Hausarrest und eine elektronische Fußfessel beantragen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: