Ukraine-Krise:Schröders respektlose Umarmung

File photo of Russian President Putin and German Chancellor Schroeder

Gerhard Schröder und Wladimir Putin (rechts) im Jahr 2005: Die Feier der beiden sorgt angesichts der Ukraine-Krise für Kritik.

(Foto: REUTERS)

Vier Deutsche sind Geiseln prorussischer Separatisten, und der Altkanzler feiert mit Russlands Präsidenten Putin. Der Privatmann Schröder kann empfangen, wen er mag - aber ein Amt wie das des Bundeskanzlers legt man nie ganz ab.

Ein Kommentar von Nico Fried

Es gibt einige Gründe, warum man sich nicht darüber aufregen muss, wenn Gerhard Schröder in diesen Tagen Wladimir Putin in herzlicher Freundschaft zu einer Geburtstagsfeier in St. Petersburg empfängt. Der wichtigste Grund ist, dass Schröder seit dem Ende seiner Kanzlerschaft vor mittlerweile achteinhalb Jahren privatisiert. Seine politischen Meinungen sind interessant, aber nicht relevant. Ähnliches gilt für die Ich-AG Schröder, die dem Aufsichtsrat der Pipeline-Firma Nord Stream vorsitzt. Er kann sich Empfänge ausrichten lassen, von wem er will. Und er kann empfangen, wen er mag. Seit seinem 70. Geburtstag, zu dem er sich nun seit Wochen feiern lässt, liegt die Betonung im - von Schröder so gehassten - Wort Altkanzler eben mehr denn je auf alt und immer weniger auf Kanzler.

Andererseits legt man so ein Amt wie das des Bundeskanzlers auch nie ganz ab. Gerade weil Schröder sich als Regierungschef innen- wie außenpolitisch so viele Verdienste erworben hat, ist ihm als Altkanzler von vielen Seiten ausführlich zum Geburtstag gratuliert worden. Deshalb gefällt es ihm ja auch, wenn seine Partei ihm noch heute für das Nein zum Irak-Krieg und seinen Mut gegenüber den USA huldigt oder andere europäische Regierungen seine Agenda 2010 für eigene Reformen zum Vorbild nehmen. Und beim Verkauf von Büchern hilft es auch.

Die Umarmung mit Putin ist unverständlich, ja respektlos

Ein Bundeskanzler hat allerdings nie allein regiert. Im Gegenteil: Je mehr er bewirkt hat, desto mehr muss es Leute gegeben haben, die bereit waren, seinen Weg mitzugehen. Das gilt für Mitarbeiter, für ein Kabinett, für Abgeordnete - und zum Beispiel auch für eine Institution wie die Bundeswehr. Zu Zeiten des Bundeskanzlers Gerhard Schröder zum Beispiel sind deutsche Soldaten nach Kosovo und nach Afghanistan in den Krieg gezogen. Sie haben das natürlich nicht für Schröder getan. Aber ohne Schröder hätten sie es sehr wahrscheinlich nicht getan.

In diesen Tagen sitzen drei Offiziere und ein Übersetzer der Bundeswehr als Geiseln prorussischer Separatisten in der Ostukraine. Sie sind keine Gefangenen des russischen Präsidenten, aber man muss annehmen, dass Wladimir Putin auf die Geiselnehmer einwirken könnte. Der Privatmann Schröder ist gegenüber der Bundeswehr nicht verpflichtet. Vom Altkanzler aber darf man Sensibilität erwarten für eine Institution, die in seiner Amtszeit eine so wichtige Rolle gespielt hat. Deshalb ist die herzliche Umarmung von Schröder und Putin im Blitzlicht der Fotografen vor dem Jussupow-Palais in St. Petersburg so unverständlich, ja: respektlos. Selbst dann, wenn er sich hinterher vertraulich für die Bundeswehr-Leute eingesetzt haben sollte, was nur zu hoffen ist.

Auf der Treppe, über die Schröder und Putin nach ihrer Begrüßung in den Palast gingen, floh vor 98 Jahren der vom damaligen Hausherrn, Fürst Felix Jussupow, schwer verwundete Zarengünstling Rasputin, ehe er in der Newa ertrank. Diesmal hat es, zum Glück, nur Schröders Instinkt erwischt. Den aber richtig.

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