Ukraine-Krise:Russland gibt EU Mitschuld an Blutvergießen

+++ Russland wirft der EU vor, "heimlich" ein Rüstungsembargo gegen die Ukraine aufgehoben zu haben +++ Ukraines Präsident Poroschenko kündigt vorgezogene Wahlen an - weil das jetzige Parlament "zur Hälfte auf Seiten der Separatisten steht" +++

  • Russland wirft der EU vor, ein Waffenembargo gegen die Ukraine "klammheimlich" aufgehoben zu haben.
  • Der ukrainische Präsident Poroschenko verspricht vorgezogene Parlamentswahlen im Herbst. Nach dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition hofft er auf eine "mächtige, proeuropäische Mehrheit".
  • Fotos russischer Soldaten im Internet deuten auf Einsatz in der Ukraine hin.

Russland wirft EU Doppelbödigkeit vor

Russland wirft der Europäischen Union vor, ein im Februar gegen die Ukraine verhängtes Rüstungsexportembargo wieder aufgehoben zu haben. Beim jüngsten EU-Gipfel hätten die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten "klammheimlich" das Ausfuhrverbot für Güter kassiert, die die ukrainische Führung auch gegen die Bevölkerung einsetzen könnte, heißt es in einer im Internet verbreiteten Erklärung des Außenministeriums. Auch sei der Export von Militärtechnologie und Ausrüstung wieder erlaubt worden.

Das zeige die Doppelbödigkeit der EU, da sie ihre selbst gesetzte Regel verletze, keine Kriegstechnik und Ausrüstung in Länder zu exportieren, in denen damit bewaffnete Konflikte provoziert oder vertieft werden könnten. Russland forderte die EU auf, das Verbot wieder in Kraft zu setzen. "Anderenfalls wird die Verantwortung der Europäischen Union für das fortdauernde Blutvergießen im Südosten der Ukraine wachsen", hieß es in der Mitteilung.

Die EU hatte im Februar während der zum Teil blutig niedergeschlagenen Proteste gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch alle Genehmigungen für die Ausfuhr von Militärtechnologie und Ausrüstung an die Ukraine auf den Prüfstand gestellt. Zudem wurde die Genehmigung für den Export von Material zurückgezogen, das von den Sicherheitskräften gegen Demonstranten eingesetzt werden könnte. Im Juli hob die EU diese Beschränkungen wieder auf.

Neuwahlen im Herbst

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat für den Herbst eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments versprochen. In einem Interview mit dem Parlamentsfernsehen sagte er am Freitag, er könne nicht mit einer Kammer zusammenarbeiten, die zur Hälfte die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk nicht als "terroristische Organisationen" ansehe. In der Kammer würden "ganze Fraktionen vom Ausland gelenkt".

Hoffnung auf pro-europäische Mehrheit

Poroschenko sagte, er hoffe auf eine "mächtige, wirksame und proeuropäische Mehrheit" im neu gewählten Parlament. Der "Mechanismus" für eine vorgezogene Parlamentswahl sei mit dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition in Gang gesetzt worden. Am 24. Juli hatten die Udar-Partei des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko und die rechtsextreme Swoboda-Partei von Oleg Tjagnibok das Bündnis mit der Vaterlandspartei von Regierungschef Arseni Jazenjuk aufgekündigt. Nach ukrainischem Gesetz kann das Staatsoberhaupt eine vorgezogene Parlamentswahl einberufen, wenn einen Monat nach dem Ende einer Regierungskoalition kein neues Bündnis gefunden wurde.

Fotos von russischen Soldaten in der Ukraine?

Im Internet haben Soldaten der russischen Armee Fotos veröffentlicht, die darauf hindeuten, dass die Streitkräfte entgegen der Beteuerungen Moskaus im Osten der Ukraine aktiv sind. Der 24-jährige Soldat Alexander Sotkin veröffentlichte mehrere Bilder von sich selbst im Uniform auf dem Fotoportal Instagram. Die Geodaten zeigen nach einem Bericht der US-Nachrichtenseite BuzzFeed, dass die Fotos in der Ukraine aufgenommen wurden. Unklar ist, ob die Geodaten echt sind. Ein Computerexperte sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass das Fälschen dieser Daten möglich, aber schwierig sei.

Andere Soldaten veröffentlichten BuzzFeed zufolge Fotos, deren Bildunterschriften auf Einsätze von russischem Boden aus hindeuten: "Wir haben die Ukraine die ganze Nacht beschossen", schrieb der Soldat Wadim Grigorijew am 23. Juli unter einem Foto, das zwei Artilleriegeschütze zeigte. Er gab an, sein Computer sei gehackt worden. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, die prorussischen Separatisten nicht nur mit Waffen und Kämpfern zu unterstützen, sondern auch von Russland aus auf ukrainische Einheiten jenseits der Grenze zu feuern.

Russische Abgeordnete forderten, den Soldaten die Benutzung sozialer Netzwerke zu verbieten. "Die Soldaten werden sonst was schreiben, etwa dass sie in der Ukraine sind, um vor ihren Freundinnen anzugeben", sagte der Abgeordnete Wadim Solowiew.

Linktipp: Die Ereignisse vom Vortag

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: