Ukraine-Krise:Putin fordert Gespräche über Status der Ostukraine

Vladimir Putin

Während die EU über neue Sanktionen berät, fordert Putin gespräche über eine unabhängige Südostukraine.

(Foto: AP)

Die Gespräche müssten "sofort beginnen": Russlands Präsident Putin verlangt, über die politische Organisation der Südostukraine neu zu verhandeln. Es gehe um die "gesetzlichen Interessen" der dort lebenden Menschen.

  • Russlands Präsident Putin verlangt Verhandlungen über den politischen Status der umkämpften Südostukraine.
  • Mehrere Mitgliedsstaaten werben nach einem Bericht des Spiegel dafür, die Nato-Russland-Gründungsakte aufzukündigen, um einfacher Truppen in Osteuropa stationieren zu können.
  • Nach der Festnahme von zehn russischen Soldaten hat die Ukraine die Männer im Austausch gegen 60 ukrainische Soldaten wieder freigelassen.

Putin fordert Gespräche über die Staatlichkeit der Ostukraine

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Sonntag Verhandlungen über den politischen Status der umkämpften Südostukraine gefordert. Die Gespräche über die politische Organisation der Gesellschaft und die Staatlichkeit für die Südostukraine müssten "sofort beginnen", sagte er nach einem Bericht russischer Nachrichtenagenturen bei einem TV-Auftritt in Ostrussland. Ziel müsse es sein, die "gesetzlichen Interessen der dort lebenden Menschen zu schützen".

Kurze Zeit später relativierte der Sprecher Putins, Dmitri Peskow dessen Äußerungen. Es handle sich nicht um einen Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, sondern um einen innenpolitischen ukrainischen Konflikt, sagte er. Der zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen umkämpfte Teil der Ostukraine solle "natürlich" Teil der Ukraine bleiben.

Mehrere Nato-Mitglieder drängen auf härteren Kurs

Knapp eine Woche vor dem Nato-Gipfel in Wales dringen einem Bericht zufolge mehrere Mitgliedstaaten darauf, wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt die Nato-Russland-Gründungsakte aufzukündigen. Die Bundesregierung sei gegen die Kündigung der Vereinbarung, die der Nato Beschränkungen bei der Stationierung von Truppen auf dem Gebiet des ehemaligen Ostblocks auferlegt, berichtete das Hamburger Magazin Der Spiegel unter Berufung auf Berliner Regierungs- und Brüsseler Nato-Kreise weiter. Befürwortet werde ein solcher Schritt aber von Polen, den baltischen Staaten und Kanada.

"Die Diplomatie stößt angesichts der immer neuen russischen Aggressionen an ihre Grenzen", sagte der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn dem Spiegel. Es stelle sich die Frage, ob bei Russlands Staatschef Wladimir Putin auf dem Verhandlungsweg noch etwas zu erreichen sei. Unter Berufung auf deutsche Diplomatenkreise schrieb das Magazin, die Bundesregierung sei gegen eine Kündigung der Akte. Die Quelle wurde allerdings mit der Äußerung zitiert: "Es wird mit jedem weiteren militärischen Schritt der Russen schwieriger, die deutsche Position durchzusetzen."

Nato plant fünf neue Stützpunkte in Mittel- und Osteuropa

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) will die Nato in den drei baltischen Staaten sowie in Polen und Rumänien fünf neue Stützpunkte aufbauen. Sie sollen jeweils 300 bis 600 Soldaten aus den Mitgliedsstaaten aufnehmen, die dauerhaft in den Ländern stationiert sind, wie das Blatt unter Berufung auf einen hohen Nato-Beamten berichtet. In den Stützpunkten sollen Logistiker, Aufklärer und Einsatzplaner Übungen vorbereiten und im Ernstfall auch Einsätze in den Ländern führen. Die Details sollen laut FAS nach dem Nato-Gipfel am 4. und 5. September in Wales ausgearbeitet werden. Das Treffen wird angesichts der Ukraine-Krise über eine Neuausrichtung des Bündnisses debattieren und dazu auch Beschlüsse fassen.

Gefangenenaustausch zwischen Russland und Ukraine

Wenige Tage nach der Festnahme von zehn russischen Soldaten hat die Ukraine die Männer wieder in ihre Heimat entlassen. Die Soldaten seien ihrem Kommandostab übergeben worden, teilte der russische Generalmajor Alexej Ragosin am Sonntag mit. "Die Verhandlungen waren nicht sehr einfach", sagte der Kommandeur der Staatsagentur Itar-Tass zufolge. Auch Russland habe mehr als 60 ukrainische Soldaten übergeben, die nach Kämpfen im Konfliktgebiet Donbass die Grenze überschritten hatten. Moskau und Kiew hatten den Austausch der Soldaten angekündigt. Die Ukraine hatte die russischen Gefangenen in den Medien als Beweis dafür präsentiert, dass im Konfliktgebiet Soldaten des Nachbarlandes im Einsatz seien.

Zweiter russischer Hilfskonvoi an ukrainischer Grenze angekommen

Russland hat erneut rund 280 Lastwagen mit Hilfsgütern für die notleidenden Menschen im Konfliktgebiet Ostukraine gefüllt. Der Konvoi warte in der Region Rostow auf die Einfahrt in das Krisengebiet Donbass, berichtete das russische Staatsfernsehen am Sonntag. Die Hilfsgüter, darunter Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente, seien mit Zügen angeliefert und dann auf die Lastwagen umgeladen worden, hieß es. Der Zeitpunkt des Grenzübertritts und die Marschroute würden geheim gehalten. Die neue Hilfslieferung hatten Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Medien zufolge bei ihrem Treffen am vergangenen Dienstag in Minsk vereinbart.

EU-Kommission soll Vorschläge für eine Verschärfung der Sanktionen machen

Die Europäische Union will innerhalb einer Woche über weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland entscheiden. Der EU-Gipfel habe die EU-Kommission aufgefordert, dazu Vorschläge zu machen, sagte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy am frühen Sonntagmorgen in Brüssel. Die Union sei bereit, im Licht der Entwicklung in der Ukraine weitere "bedeutsame Schritte" auf den Weg zu bringen, sagte Van Rompuy, ohne ins Detail zu gehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es gehe dabei um Finanzsanktionen und Sanktionen im Energiesektor. Die EU hat bereits Wirtschaftssanktionen verhängt. Ende Juli erschwerte sie unter anderem den Zugang russischer Banken zu den EU-Finanzmärkten und untersagte bestimmte Hochtechnologie-Exporte.

Merkel betonte, niemand im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs habe ernsthaft bezweifelt, dass ein großes militärisches Engagement Russlands in der Grenzregion zur Ukraine stattfinde.

Merkel schließt deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine aus

Trotz der Eskalation des Konflikts mit Russland hat die Bundeskanzlerin deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeschlossen. Dadurch würde der falsche Eindruck entstehen, der Konflikt könne militärisch gelöst werden, sagte Merkel. "Deutschland wird jedenfalls keine Waffen liefern", betonte sie. Sie räumte aber Meinungsunterschiede innerhalb der EU in diesem Punkt ein. "Ich kann hier nicht für alle sprechen", sagte sie. Zuvor hatte Litauen Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert.

Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen schloss Waffenlieferungen an die Ukraine wie auch militärische Gegenmaßnahmen zu der Einmischung Russlands aus. "Die Bewährungsprobe für den Westen besteht darin, mit Diplomatie und wirtschaftlichem Druck Russland zum Einlenken zu bewegen", sagte sie der Bild am Sonntag.

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