Ukraine:Janukowitsch laut Klitschko zu Gesprächen bereit

Bei neuen Protesten in Kiew kommt es zu Ausschreitungen mit zahlreichen Verletzten. Am Abend kündigt der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko eine Wende an: Präsident Viktor Janukowitsch habe eingewilligt, ein Vermittlungsgremium zur Überwindung der politischen Krise zu bilden.

Trotz des Demonstrationsverbots und Minustemperaturen sind bis zu 200.000 Menschen in Kiew aus Protest gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Dabei kam es auf dem Unabhängigkeitsplatz zu Zusammenstößen mit mehr als 70 Verletzten. Oppositionsführer Vitali Klitschko kündigt einen Vermittlungsausschuss unter Präsident Viktor Janukowitsch an.

  • Klitschko trifft sich mit Janukowitsch: Der prowestliche Oppositionspolitiker und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko hat nach einem Gespräch mit Präsident Viktor Janukowitsch am Sonntagabend angekündigt, dieser werde zur Überwindung der aktuellen politischen Krise einen Vermittlungsausschuss einsetzen. Die Kommission, die Janukowitsch am Montag gründen wolle, werde aus Vertretern des Präsidialamtes, der Regierung und der Opposition bestehen, sagte Klitschko. Gemeinsam sollten die Teilnehmer einen "Weg aus der aktuellen Krise" finden. Zuvor war Klitschko Medienberichten zufolge angegriffen worden, als er versuchte, die wütende Menge zu beruhigen. Ein radikaler Aktivist besprühte ihn mit einem Feuerlöscher. Einige Demonstranten hatten Klitschko ausgebuht.
  • Demonstranten attackierten Polizei: Auslöser für die Ausschreitungen waren Berichten zufolge Angriffe auf die Sicherheitskräfte gegen Ende der zentralen Kundgebung, die zuvor friedlich verlaufen war. Protestierende warfen demnach Steine, Feuerwerkskörper und Molotow-Cocktails auf Polizisten, versuchten Absperrungen zu durchbrechen sowie Einsatzbusse umzuwerfen. Offenbar wollten sie zum Parlament ziehen. Mindestens eines der Fahrzeuge wurde angezündet.
  • Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas: Polizisten gingen mit Knüppelschlägen und Tränengas gegen die Regierungsgegner vor. Später wurden Wasserwerfer aufgefahren. Die Zufahrtstraßen zum Unabhängigkeitsplatz wurden abgeriegelt. Mehr als 20 Sicherheitskräfte sind Angaben des Innenministeriums zufolge verletzt worden, vier von ihnen schwer. Die Zahl der verletzten Demonstranten war zunächst nicht bekannt.
  • Opposition spricht von "Provokateuren": Verschiedene Oppositionsvertreter machen "Provokateure" für die Ausschreitungen verantwortlich. Das Ziel sei die Eskalation der Lage gewesen. Nach Einschätzung der Kyivpost handelte es sich um "junge Männer, die keine Lust mehr hatten, untätig zu bleiben".
  • Hintergrund: Vergangene Woche unterzeichnete Präsident Viktor Janukowitsch ein Gesetz, dass das Demonstrationsrecht einschränkt. Außerdem hatte ein Gericht am Mittwoch ohne Angabe von Gründen entschieden, dass im Zentrum von Kiew bis zum 8. März nicht mehr demonstriert werden dürfe. Dies hatte die Opposition als Signal gewertet, dass die Sicherheitskräfte das besetzte Rathaus und das Aktivisten-Camp auf dem Maidan bald räumen könnten.
  • Reaktionen: Der britische Außenminister William Hague schrieb auf Twitter, Gewalt sei nicht die Lösung. Auch die US-Botschaft in Kiew forderte ein Ende der Ausschreitungen. Die Regierung sei zu Verhandlungen mit allen Konfliktparteien aufgerufen,um die Krise zu beenden und weitere Gewalt zu verhindern, hieß es in einer im Internet verbreiteten Mitteilung.

Linktipp: Die KyivPost hat ein Liveblog eingerichtet, das Twitter-Hashtag lautet #Euromaidan.

Vitali Klitschko bei einer Demonstration in Kiew

Oppositionspolitiker Klitschko während der Proteste in Kiew.

(Foto: REUTERS)
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