Übergreifen auf Nachbarländer:Libanon gerät in den Sog des syrischen Bürgerkrieges

Demonstranten mit Plakaten von Präsident Assad und Hisbollah-Anführer Nasrallah

Demonstranten mit Plakaten von Präsident Assad und Hisbollah-Anführer Nasrallah im libanesischen Sidon.

(Foto: REUTERS)

Fatale Allianz: Hisbollah-Kämpfer unterstützen Assads Armee bei ihrer Offensive gegen die Rebellenhochburg Al-Kuseir an der Grenze zum Libanon. Damit könnte der Bürgerkrieg auf das Nachbarland übergreifen. Auch Israel gerät zwischen die Fronten.

Von Sonja Zekri, Kairo

Die Gefahr, dass sich der Bürgerkrieg in Syrien auf das Nachbarland Libanon ausweitet, ist gestiegen. Einheiten der syrischen Armee begannen am Wochenende gemeinsam mit Kämpfern der libanesischen Hisbollah-Miliz eine Offensive gegen die bisher von Rebellen gehaltene Grenzstadt Al-Kuseir. Zugleich trübte der syrische Präsident Baschar al-Assad die Hoffnungen auf eine politische Lösung durch eine internationale Konferenz. Zu dem von den USA und Russland geplanten Treffen sagte er in einem Interview mit der argentinischen Zeitung Clarin, es sei "unrealistisch" zu glauben, dass eine Konferenz "Terroristen" aufhalten könne.

In einer wochenlangen Belagerung hatten Assads Armee und die libanesische Hisbollah zunächst zahlreiche Orte rund um Al-Kuseir eingenommen. Dann begann die Armee, die Stadt mit Raketen und aus Kampfflugzeugen zu bombardieren, schließlich rückten die Soldaten in die Stadt ein. Anfangs sprach Damaskus davon, dass die Armee die gesamte Stadt kontrolliere, im Laufe des Montags war in den staatlichen Medien allerdings nur noch die Rede von der "Wiederherstellung der Stabilität" in einem Teil der Stadt.

In Libanon hatten sowohl die schiitische Hisbollah, als auch sunnitische Salafisten ihre Anhänger zum Kampf um Al-Kuseir aufgerufen. Die Hisbollah ist ein enger Verbündeter des Regimes von Baschar al-Assad in Damaskus. Die Sunniten stehen hingegen auf der Seite der syrischen Rebellen. Dabei spielt auch die konfessionelle Nähe eine Rolle: Die Alawiten, denen der Assad-Clan und weite Teile des Sicherheitsapparates angehören, sind eine schiitische Sekte.

Israel will Waffenlieferungen an Hisbollah verhindern

Al-Kuseir ist für beide Seiten strategisch wichtig. Über die Stadt an der libanesischen Grenze bringen die Rebellen Waffen ins Land und Verwundete in libanesische Krankenhäuser. Für Assad liegt der Ort auf einem Bogen vom Süden über Damaskus bis ins alawitische Kernland an der syrischen Küste zwischen Libanon und der Türkei. Experten beobachten eine Konzentration der militärischen Kräfte auf Zentralsyrien. Über Al-Kuseir könnte Assad nach Tartus oder Lattakia fliehen.

Die gemeinsame Offensive von syrischer Armee und Hisbollah zeigt deutlich, wie sehr das Assad-Regime und die Schiitenmiliz ihr Vorgehen inzwischen abstimmen. Beim Kampf um Al-Kuseir trifft die Hisbollah zugleich direkt auf die sunnitischen Dschihadisten der syrischen Al-Nusra-Front, die auf Rebellenseite in Al-Kuseir kämpft. Der anfangs friedliche Aufstand in Syrien ist damit zum Bürgerkrieg mit zusehends konfessionellen Spannungen geworden, die auch die Nachbarländer infizieren könnten. In der libanesischen Stadt Tripolis schossen erneut alawitische Assad-Anhänger und Unterstützer der sunnitischen Rebellen aufeinander. Mindestens zwei Menschen starben.

Unterdessen hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gewarnt, sein Land werde auch weiterhin mit Gewalt alle Waffenlieferungen aus Syrien an die Hisbollah verhindern. Israels Luftwaffe hat bereits mehrfach Waffentransporte bombardiert.

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