Tzipi Livni:"Beste Chance für Israel"

Tzipi Livni ist neue Vorsitzende der Kadima-Partei. Auch für ihren Konkurrenten Schaul Mofas hat der knappe Wahlausgang etwas Gutes. Drei Fragen an SZ-Korrespondent Thorsten Schmitz.

Thorsten Schmitz ist seit 1998 Israel-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und lebt in Tel Aviv.

Tzipi Livni; Reuters

Sie wird die israelische Regierungspartei an: Tzipi Livni.

(Foto: Foto: Reuters)

sueddeutsche.de: Tzipi Livni hat mit einem denkbar knappen Vorsprung auf ihren Konkurrenten Schaul Mofas die Wahl zur Vorsitzenden der Kadima-Partei gewonnen. Hat Livni genug Rückhalt oder kann ihr Mofas noch gefährlich werden?

Thorsten Schmitz: Auch wenn es sehr knapp war, Fakt ist: Tzipi Livni hat die Wahl auf jeden Fall gewonnen. Und Mofas hat ihr dazu gratuliert. Diese Tatsache spricht nicht dafür, dass er noch gegen das Ergebnis vorgehen wird. Aber wahrscheinlicher ist, dass die beiden sich darauf einigen, die kommenden Wochen nicht damit zu vergeuden, neu auszählen zu lassen, wenn es am Ende lediglich um ein oder zwei Stimmen geht.

Mofas' Chancen stehen gut, doch noch das Amt des Verteidigungsministers zu bekommen, das er sich so wünscht. Zwar hatte Livni das wegen Mofas' kompromissloser Haltung gegenüber den Palästinensern zunächst ausgeschlossen, aber sie hat schon genug Schwierigkeiten, eine Regierung zu bilden. Zum Beispiel setzt die ultraorthodoxe Schas-Partei sie unter Druck. Ein zusätzliches Hickhack mit Mofas wäre da nur kontraproduktiv.

Der knappe Wahlausgang hat auch etwas Gutes: Nun sind zwei Kandidaten mit im Grunde diametralen Ansichten aneinander gebunden. Livni wird zwar stets das letzte Wort behalten, aber Mofas bringt zusätzlich die Klientel ins Regierungsboot, die ihn unterstützt hat, zum Beispiel die Schas-Partei.

sueddeutsche.de: Falls das Amt des Verteidigungsministers nicht Mofas zufällt - welchen anderen Posten könnte er übernehmen?

Schmitz: In jedem Fall will Mofas sein jetziges Amt abgeben. Als Verkehrsminister fühlt er sich aufs politische Abstellgleis geschoben und degradiert. Von den hohen Ministerämtern ist jedoch allein der Posten des Verteidigungsministers für Mofas vorstellbar. Außenpolitisch ist er allerdings sehr unerfahren; mit seinen jüngsten Äußerungen über einen Angriff auf Iran hat er sich nicht gerade profiliert. Der ehemalige Armeechef spricht nicht gut Englisch und hat keine ausgeprägte Vision, mit der er außenpolitisch auf sich aufmerksam machen könnte. Wahrscheinlicher ist, dass der jetzige Verteidigungsminister Ehud Barak Außenminister wird.

sueddeutsche.de: Falls Tzipi Livni es als Parteivorsitzende schafft, eine Regierungskoalition zu bilden, wird sie nach Golda Meir die zweite israelische Premierministerin. Was bedeutet das für den Friedensprozess in Nahost?

Schmitz: Livni ist die beste Chance für Israel, was den Frieden betrifft. Sie genießt bei den Palästinensern hohes Ansehen, ihre Friedenspolitik ist pragmatisch. Livni ist intelligent und weiß, wie man Politik macht. Anders als ihre Vorgänger redet sie nicht nur von Kompromissen, sondern setzt sie auch in die Tat um. Politiker aus dem arabischen Raum, unter anderem Scheichs in Katar, sind von ihr begeistert.

Politisch agiert sie ganz uneitel im Stillen. Anders als ihre männlichen Kollegen sucht sie nicht den Applaus, der in Israel bereits mit großspurigen Schlagworten zu haben ist. Mit einem Wort: Sie ist glaubwürdig.

Das Interview führte Carolin Gasteiger.

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