TV-Duell vor Hessen-Wahl:"Ruhig Blut, Herr Kollege"

Elefantenrunde im TV: Vor der Hessen-Wahl am Sonntag lieferten sich alle Spitzenkandidaten einen Schlagabtausch. Das große Thema war die Finanzkrise.

Beim einzigen TV-Duell vor der Landtagswahl kamen die Spitzenkandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linkspartei zusammen und tauschten lautstark Argumente aus. Vor allem Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel lieferten sich einen Schlagabtausch zur Finanzkrise.

TV-Duell vor Hessen-Wahl: Mindestens einem wird das Lachen noch vergehen: Roland Koch, rechts und Thorsten Schäfer-Gümbel.

Mindestens einem wird das Lachen noch vergehen: Roland Koch, rechts und Thorsten Schäfer-Gümbel.

(Foto: Foto: AP)

Der SPD-Politiker warf Koch vor, im hessischen Landesdienst 10.000 Stellen abgebaut zu haben, was Koch bestritt. Der Regierungschef wiederum warf der SPD vor, keine Rezepte für die Krise zu haben. Immer wieder fiel Schäfer-Gümbel Koch hart ins Wort, der wehrte sich: "Ruhig Blut, Herr Kollege."

Schäfer-Gümbel kritisierte, die hessische Landesregierung habe seit Jahren zu wenig Geld in die öffentliche Infrastruktur gesteckt. Daher liege Hessen derzeit, was die öffentlichen Investitionen betreffe, auf dem 14. Platz aller Bundesländer. Koch konterte mit dem Verweis auf die Notwendigkeit sparsamer Haushaltsführung. Wer bei den Investitionen immer auf dem Gaspedal stehe, habe "keine Reserven für die Krise".

"Kein Abwrackprogramm"

Die FDP will nach der Landtagswahl in Hessen die Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres für alle Fünfjährigen durchsetzen. Im Fernsehduell der Spitzenkandidaten sagte FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn, seine Partei werde keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, wenn nicht die sogenannte Kinderschule eingeführt werde. Jedes Kind müsse gezwungen werden, sich mit der deutschen Sprache auseinanderzusetzen. CDU und FDP können bei der Landtagswahl am Sonntag Umfragen zufolge mit einer Mehrheit rechnen.

Auf die Frage, wie man am besten auf die Konjunkturschwäche reagieren könne, sagte Koch: "mit Gelassenheit und Pragmatismus". Schäfer-Gümbel entgegnete, Gelassenheit sei jetzt fehl am Platz, die Lage sei viel zu ernst. Die Spitzenkandidaten von CDU und SPD begrüßten jedoch das zweite Konjunkturpaket, während der FDP-Politiker Hahn Änderungen verlangte. "Ich halte überhaupt nichts von diesem Abwrackprogramm", sagte Hahn. Kritik äußerte er auch am einmaligen Kinderzuschlag von 100 Euro.

Er wolle keine "Bestandsprämie für Kinder", sondern eine Entlastung von Familien durchsetzen. Die Bundesländer mit einer FDP-Beteiligung an der Regierung sollten die Verhandlungen im Bundesrat dazu nutzen, noch Änderungen an dem Konjunkturpaket vorzunehmen. Es werde aber keine Blockade seitens der FDP geben.

Grüne fordern Investitionen in Wärmedämmung

Tarek Al-Wazir von den Grünen und Willi van Ooyen von der Linken nannten die Krise auch ein Scheitern der Politik immer weiterer Deregulierung. "Wir müssen darauf achten, dass es Investitionen sind, wo man langfristig etwas zurückbekommt", sagte Al-Wazir mit Blick auf das Konjunkturprogramm. Dies sei beispielsweise bei Investitionen in Wärmedämmung öffentlicher Gebäude der Fall. Van Ooyen forderte eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent sowie die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Damit könne die Bekämpfung der Krise finanziert werden.

Drei Tage vor der Landtagswahl am Sonntag griffen am Donnerstag noch einmal führende Bundespolitiker in den hessischen Wahlkampf ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer wurden am frühen Abend zu einer CDU-Kundgebung mit Koch in Frankfurt am Main erwartet. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering wollte auf einer Veranstaltung seiner Partei zu "neuen Inländern", also eingebürgerten Migranten, sprechen. Die Grünen wiederum luden zum "Wahlkampfhöhepunkt" mit Fraktionschefin Renate Künast und Ex-Umweltminister Jürgen Trittin ein.

"Sehr hart und schwierig"

Am Morgen nach dem Duell setzte Koch bewusst auf milde Töne. Er versuche inzwischen, das "Versöhnliche" bei aller Härte in der Sache zu betonen, sagte Koch am Freitag im ZDF.

Trotzdem setze er inhaltlich richtige Entscheidungen immer vor Popularität. "Ich vertrete die Sache, die ich für richtig halte", auch wenn dies auf Widerstand stoße, betonte Koch. "Das ist an bestimmten Punkten sehr hart und schwierig", sagte der CDU-Politiker. Es gehe aber nicht darum, sein "Ego zu befriedigen".

Der hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel sagte, sein Ziel sei es, bei der Landtagswahl am Sonntag "so gut wie irgend möglich" abzuschneiden. Den Ausgang der Wahl sehe er allerdings nicht als Indiz "für irgend etwas auf der Bundesebene", betonte Schäfer-Gümbel im ZDF. "Die hessischen Verhältnisse prägen diese Wahl in einem besonderen Maße, es wird eine Ausnahmesituation sein", betonte er. Natürlich könne aber jeder Prozentpunkt mehr, den die SPD jenseits der Erwartungen gewinne, "Rückenwind" für Berlin sein.

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