TV-Duell in Österreich:FPÖ-Kandidat Hofer in der Ehrlichkeitsfalle

TV-Duell in Österreich: Der Grüne Alexander Van der Bellen (von hinten) und Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ beim letzten TV-Duell vor der Präsidentschaftswahl.

Der Grüne Alexander Van der Bellen (von hinten) und Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ beim letzten TV-Duell vor der Präsidentschaftswahl.

(Foto: AFP)
  • Im letzten TV-Duell vor der Stichwahl am Sonntag haben der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sowie der Grüne Alexander Van der Bellen vor allem die Wähler der konservativen ÖVP umworben.
  • Verglichen mit der vorigen Fernsehdiskussion bleibt es dieses Mal höflich.
  • Auf Rückfragen von ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher zu seiner Israel-Reise verwickelt sich Rechtspopulist Hofer in Widersprüche - und stilisiert sich als Medien-Opfer.

Von Oliver Das Gupta, Wien

Eines vorab: Beim letzten TV-Duell zur österreichischen Präsidentenwahl sind die Kandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen weitgehend respektvoll miteinander umgegangen. Vier Tage vorher waren die Männer zeitweise in einen verbalen Kampfmodus verfallen, der beide ziemlich unstaatsmännisch erscheinen ließ.

In dieser knapp 100 Minuten dauernden Sendung kracht es trotzdem, allerdings ohne den Grünen Van der Bellen. Diesmal geraten Hofer und die Moderatorin aneinander und dabei wird der FPÖ-Bewerber dabei erwischt, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Doch dazu später.

Werben um die konservativen ÖVP-Wähler

Hofer und Van der Bellen sind erkennbar darum bemüht, die Wähler jenseits des eigenen Lagers anzusprechen und umgarnen vor allem die Anhänger der konservativen Volkspartei. Da betont der Grüne Van der Bellen sein "positives Verhältnis zum Heer" und klingt mit einem "Null-Toleranz-bei-Gewalt"-Spruch wie ein Law-and-Order-Mann. Auch weicht er sein Diktum auf, wonach er eine Regierung von Hofers FPÖ nicht vereidigen würde. In verschwurbelten Worten will er nun nicht mehr ausschließen, den blauen Parteichef Heinz-Christian Strache zum Vizekanzler zu machen.

Der Rechtspopulist Hofer relativiert allzu krass wirkende Aussagen zum Thema Amtsführung. Der 45-Jährige versichert, die Regierung nur dann zu entlassen, wenn sie insgesamt die Steuern erhöhen würde. Im Ausland würde er natürlich die Beschlüsse der Exekutive mittragen, auch wenn er sie persönlich nicht teilte, beteuert Hofer.

Die ORF-Journalistin Ingrid Thurnher leitet die Runde recht souverän und klug. Sie stellt mitunter unangenehme Fragen, bremst ab, hakt nach.

Dann kommt der Schlüsselmoment: Moderatorin Thurner spricht eine Israel-Visite des FPÖ-Mannes an, die er am Vortag im Fernsehen herausgestellt hatte. Unter seinen Parteifreunden waren früher antisemitische Einstellungen weit verbreitet, doch seit ein paar Jahren versucht die FPÖ diesen Ruch loszuwerden.

Wie sich Norbert Hofer in Widersprüche verwickelt

Dass Ingrid Thurnher bei dem TV-Duell auf die Israel-Reise zu sprechen kommen würde, hat Hofer augenscheinlich erwartet. Doch trotz allem gerät er in eine Ehrlichkeitsfalle.

Ein Clip vom April wird eingespielt, in dem der alerte FPÖ-Mann folgende Aussagen machte: Er sei in Israel "mitten in einen Terrorangriff" geraten, "neben mir wurde eine Frau erschossen". In anderen Zeitungsinterviews baute Hofer sein Erlebnis noch aus: Demnach sei die Frau mit Handgranaten und Maschinenpistolen bewaffnet gewesen und wollte betende Menschen töten. So zitiert die Moderatorin des Duells den FPÖ-Mann Hofer und der widerspricht nicht.

Es folgt ein weiteres Video: Darin berichtet der Jerusalemer Polizeisprecher, im fraglichen Zeitraum habe es keinen solchen Terrorangriff gegeben. Nicht am Tempelberg, nicht mit Handgranaten, auch keine erschossene Frau.

Hofer gibt sich als Opfer der Medien

Könne es sein, dass er da irgendwas verwechsele, fragt Thurnher den FPÖ-Kandidaten. Der senkt den Blick und empört sich: Da sei eine Frau am Tempelberg gewesen mit Handgranaten und Maschinenpistolen und die sei erschossen worden. Hofer sagt weiter, er habe auch Fotos dabei. Doch er zeigt keines davon in die Kamera.

Hofer droht, er werde sich wehren, denn diese Dinge lasse er sich nicht gefallen. Dann beginnt er zu klagen, wie sehr er im Wahlkampf angefeindet worden sei - auch wegen seiner Behinderung. Und blafft plötzlich die Moderatorin an: "Ich weiß nicht, warum Sie das Gesicht so verziehen?"

Da zeigt er sich wieder, der Hofer von der TV-Schlammschlacht vom Pfingstsonntag. Doch anders als damals und im Wahlkampf vorher war ihm nicht mehr zum Lächeln zumute. Hofer, der Van der Bellen vorwirft, ein Lügner zu sein, war beim Flunkern ertappt worden. Live, im Fernsehen. Das ist Gift für die Glaubwürdigkeit.

Es ist diese Sequenz, die von der ansonsten über weite Strecken recht trockenen Debatte vier Tage vor der Stichwahl im Gedächtnis bleiben wird. Ansonsten wünscht sich sein aus der Kirche ausgetretener Kontrahent Van der Bellen eine Finalteilnahme des österreichischen Fußball-Teams bei der EM - sogar mit den Worten "so Gott will".

Im Anschluss an das TV-Duell erklärt Armin Wolf, der Vizechef des ORF, was sich damals wirklich während Hofers Besuch in Jerusalem zugetragen hat.

Es habe einen Zwischenfall gegeben - der allerdings anders verlief als von dem FPÖ-Mann berichtet. An der für Juden heiligen Klagemauer unterhalb des muslimischen Heiligtums auf dem Tempelberg sei eine Frau bei der Sicherheitskontrolle einfach weitergegangen. Die Sicherheitskräfte setzten daraufhin ihre Schusswaffen ein und verletzten sie. Die Frau sei unbewaffnet gewesen - und Israelin.

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