TV-Debatte der US-Republikaner:Vier gegen den Favoriten

Fünf Tage noch bis zu der vielleicht schon entscheidenden Vorwahl der US-Republikaner in South Carolina. Die Mitbewerber versuchen nun, mit allen Mitteln den Favoriten Mitt Romney in Bedrängnis zu bringen. Bei einer TV-Debatte attackieren die innerparteilichen Rivalen seine Rolle als Investor und fordern ihn auf, seine Steuererklärung zu veröffentlichen.

Matthias Kolb, Washington

Die Rollenverteilung im Myrtle Beach Convention Center ist sofort klar: Mitt Romney, der Sieger der ersten Vorwahlen, wird attackiert. Von allen Seiten. Fox News sendet wieder einmal eine Debatte der möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Und diesmal hat der TV-Sender das Stehpult des 64-Jährigen in die Mitte der Bühne platziert - zu Romneys Rechten lauern Rick Santorum, Liebling der Evangelikalen, und der Texaner Rick Perry, während links Schnellredner Newt Gingrich und der eigenwillige Ron Paul stehen.

Rick Perry, Rick Santorum, Mitt Romney, Newt Gingrich, Ron Paul

Rick Perry, Rick Santorum, Mitt Romney, Newt Gingrich, Ron Paul (von links nach rechts): Sie wollen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner werden.

(Foto: AP)

Gingrich legt gleich los: Er habe seine Strategie, die übrigen republikanischen Bewerber freundlich zu behandeln, aufgeben müssen, da er im Vorfeld der Vorwahlen in Iowa mit negativen Wahlspots attackiert wurde, die von einem Mitt Romney nahestehenden Wahlverein finanziert werden.

Also, so der frühere Sprecher des Repräsentantenhaus, mache er bei diesem Spiel mit und präsentiere die entsprechenden Fakten: Romney habe als Finanzinvestor bei Bain Capital Jobs vernichtet und als Gouverneur von Massachusetts Steuern erhöht und kaum Arbeitsplätze geschaffen. Es sei legitim, diese Punkte anzusprechen - auch wenn diese Fragen von den PR-Managern des demokratischen US-Präsidenten Barack Obama ebenfalls gestellt würden.

Romney lässt sich nicht aus der Ruhe bringen: Er sei stolz auf seine Arbeit in der Finanzbranche. Die Investments von Bain Capital hätten allein bei vier schwächelnden Firmen zu 120.000 neuen Jobs geführt. Sicherlich wurden Angestellte von einigen anderen Unternehmen gefeuert, die Bain aufgekauft hatte, doch in der Summe blieben "etwa 100.000 neue Arbeitsplätze". Vor den 3000 Zuschauern wiederholt Romney sein Kernargument: Ich habe Erfahrung als Manager und werde dafür sorgen, dass die amerikanische Wirtschaft wieder anspringt.

Hoher symbolischer Wert

Ähnlich würde sich auch Mitbewerber Rick Perry gerne präsentieren: Während seiner Zeit als Gouverneur seien in Texas mehr als eine Million Arbeitsplätze entstanden, erklärt er. Dann spricht Perry ein heikles Thema an: Seine Steuererklärung sei seit Jahren öffentlich zugänglich und Newt Gingrich werde diese Infos am Donnerstag publik machen. "Mitt, veröffentliche deine Steuererklärung noch in dieser Woche", ruft der Texaner seinem Kontrahenten zu. In seiner Entgegnung gelingt es Romney noch, eine klare Antwort zu vermeiden. Später sagt er vage: Er lehne dies nicht grundsätzlich ab, sondern werde sich wie die anderen Nominierten in der jüngsten Vergangenheit verhalten und seine Steuererklärung "womöglich im April" veröffentlichen. Eine Auswertung der Twitterfeeds ergibt, dass diese Haltung bei den Fox-News-Zuschauern nicht gut ankommt.

Dass die Debatte in South Carolina in so hitziger Atmosphäre verläuft, hat mehrere Gründe. Einerseits hat das Ergebnis der Vorwahl in dem konservativen Südstaat, in dem am Samstag gewählt wird, hohen symbolischen Wert: Seit 1980 ging der Sieger von South Carolina stets als Präsidentschaftskandidat für die Republikaner ins Rennen. Andererseits braucht das Anti-Romney-Lager einen Erfolg, um den Kandidaten des Partei-Establishments noch abzufangen. Vor der Diskussion, die das Wall Street Journal mit Fox News ausrichtet, führte Romney laut Real Clear Politics in den Umfragen mit knapp acht Prozentpunkten vor Gingrich (22 Punkte). Ron Paul liegt mit 15 Prozent nahezu gleichauf mit Rick Santorum, während Rick Perry ähnlich magere Werte erreicht wie der moderate Jon Huntsman, der allerdings seine Kandidatur bereits zurückgezogen hat.

Huntsman unterstützt jetzt Romney, doch ob und wie diese Entscheidung das Rennen der Republikaner beeinflusst, bleibt auch nach der Debatte unklar - an diesem Abend geht es vor allem darum, wer sich als Favorit des ABR-Lagers (anyone but Romney) profilieren kann. Perry, Gingrich oder Santorum?

Newt Gingrich gelingt es am besten: Der 68-Jährige nennt Obama den "food stamp president". Die Demokraten versagten ebenso darin, Jobs zu schaffen wie auch darin, Arbeitslose entsprechend zu fördern. Leidenschaftlich erinnert Gingrich an den uramerikanischen Mythos, mit harter Arbeit nach oben zu kommen. Viele Zuschauer springen von ihren Stühlen auf und jubeln Gingrich zu. Santorum schafft es zwar, den Favoriten Romney in der ersten halben Stunde in die Enge zu treiben und ins Stottern zu bringen. Allerdings ist das Thema zu speziell, um die Mehrheit der Amerikaner in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit zu beeindrucken: Santorum und Romney streiten über die Frage, ob inhaftierte Straftäter das Recht haben sollten, wählen zu dürfen.

Romney unterläuft kein Patzer

Auch später, als es um Außenpolitik geht, punktet Gingrich: Es sei richtig gewesen, Osama bin Laden zu töten und er sei auch bereit, als Präsident eine entsprechende Order zu geben, Taliban-Führer Mullah Omar in Pakistan töten zu lassen, wenn entsprechende Geheimdienst-Informationen vorliegen sollten. Gingrich erinnerte an den früheren Präsidenten Andrew Jackson, der im 19. Jahrhundert gegen die Briten kämpfte: "Er hatte eine ziemlich gute Idee, was mit den Feinden Amerikas geschehen solle: Sie müssen getötet werden." Ähnlich äußert sich Romney: "Wir werden dorthin gehen, wo sie sich aufhalten und sie töten." Der 64-Jährige kündigt an, sich dafür einsetzen zu wollen, dass die USA weiterhin die stärkste Militärmacht der Welt blieben.

Romney unterläuft kein Patzer, er zeigt sich als lächelnder Staatsmann. Trotzdem gelingt es ihm nicht, so leidenschaftlich und überzeugend aufzutreten wie Gingrich oder Ron Paul. Der 76-Jährige Paul wurde zwar für seine außenpolitischen Ansichten - er möchte alle US-Soldaten aus dem Ausland abziehen und warnt vor einem Krieg gegen Iran - von der Mehrheit ausgebuht, doch von seinen Anhängern wird er für diese Worte gefeiert. Schlagfertig ist der Gynäkologe auch. Er habe nur ein Problem mit den Filmen über die Kursänderungen der Gegner, frotzelt Paul: "Eine Minute reicht nicht aus, um alle Fehler aufzuzählen."

Immer wieder tauchen in der zweistündigen Debatte die Super-Pacs auf, jene offiziell unabhängigen Wahlvereine, die Werbespots für ihre Kandidaten finanzieren und kaum Rechenschaft über ihre Finanzen ablegen müssen. Und auch in dieser Frage kann Gingrich kurz vor Schluss Romney noch einmal in Bedrängnis bringen. Wortreich kritisiert Romney, dass die Kandidaten laut Gesetz keinen Einfluss auf die Super-Pacs nehmen dürften und so irreführende oder verletzende Wahlwerbung nicht unterbinden könnten. Es wäre besser, so Romney, wenn die Bürger direkt an die Kandidaten spenden könnten. Gingrich kontert trocken: "Wenn Mitt Romney seinen Wahlverein "Restore our Future" nicht kontrollieren kann, dann frage ich mich, welchen Einfluss er als Präsident haben wird."

Bevor die Vorwahl in South Carolina abgehalten wird, treffen sich die fünf verbliebenen Kandidaten der Republikaner an diesem Donnerstag erneut in einem TV-Studio. Es wird weiter mit harten Bandagen gekämpft werden - vor allem gegen Mitt Romney.

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