TV-Debatte der Republikaner in Arizona:Santorum stolpert, Romney punktet

Scharfe Attacken gegen den Gegner, Loblieder auf die Familie, Buhrufe aus dem Publikum: Rick Santorum kämpft mit der ungewohnten Rolle des Favoriten. Mitt Romney treibt den Erzkonservativen mehrmals in die Enge und wird dabei von Newt Gingrich und Ron Paul unterstützt. Doch den entscheidenden Stich kann der Multimillionär nicht machen.

Matthias Kolb, Washington

U.S. Republican presidential candidate Santorum speaks as Romney looks on during the Republican presidential candidates debate in Mesa

Garantiert gutgelaunt und gut gegiftet: Die Rivalen Rick Santorum und Mitt Romney während der TV-Debatte in Mesa, Arizona

(Foto: REUTERS)

Die letzte Frage von CNN-Moderator John King war die originellste in der 20. TV-Debatte der Republikaner. Viele Wähler seien unentschlossen, weshalb die vier Kandidaten doch bitte erklären sollten, in welchem Punkt sie sich missverstanden fühlten. Für Ron Paul, den 76-jährigen Texaner, ist die Sache klar: "Die Medien verbreiten das Gerücht, dass ich nicht gegen Barack Obama siegen kann." Nicht schlecht für den einzigen Kandidaten, der noch keine Vorwahl gewonnen hat.

Newt Gingrich hofft, dass die Menschen seine Leistung als Sprecher des Repräsentantenhauses würdigen: Er habe den Haushalt ausgeglichen und das Sozialsystem reformiert. Mitt Romney erklärt, dass er der einzige Kandidat sei, der Amerika wieder zu Wohlstand führen könne. "Und was ist mit der Fehlwahrnehmung?", fragt King. "Du stellst deine Frage, ich gebe meine Antwort", kontert Romney, der offenbar weiß, dass Medienschelte beim konservativen Fußvolk gut ankommt.

Rick Santorum, der in den Umfragen ganz vorn liegt, reagiert schnell: Anstatt etwa sein Image als geifernder Katholik, der gegen Abtreibung und Homo-Ehe wettert, zu erklären, setzt er einen starken Schlusspunkt: Er beweise, dass es möglich sei, mit Inhalten und ohne großes Budget einen guten Wahlkampf zu machen. "I can do a lot with a little", beschwört der Ex-Senator aus Pennsylvania.

Die vorangegangenen zwei Stunden waren für Santorum nicht optimal gelaufen. Kurz vor den Vorwahlen in Arizona und Michigan und in der ersten Debatte nach knapp vier Wochen wurde er nicht nur von Romney attackiert - auch Paul und Gingrich zweifelten seine Bilanz als fiskalkonservativer Senator an. Vor allem fremdelte Santorum in der Rolle des Favoriten: Er wirkte nicht wie jemand, der morgen ins Weiße Haus einziehen könnte, und konnte nur gequält lachen, als Ron Paul ihn als fake conservative bezeichnete.

Vor allem schaffte es Santorum kaum, Romney in die Enge zu treiben. Dies gelang ihm weder in der für Michigan wichtigen Frage über dessen einstige Haltung zu Staatshilfen für die Autoindustrie (Details in diesem SZ-Artikel) noch in den Attacken gegen Romneycare, jene verpflichtende Gesundheitsvorsorge, die dieser in Massachusetts eingeführt hatte und die als Blaupause für Obamacare gilt.

Der Mormone hingegen hatte starke Momente: Er attackierte Santorum, fünf Mal für die Anhebung der Schuldengrenze gestimmt und Staatsgelder für Prestigeprojekte (earmarks) bewilligt zu haben. "Als ich die Olympischen Spiele gerettet habe, hast du die Brücke ins Nirgendwo unterstützt", dröhnte Romney und spielte auf ein teures Projekt in Alaska an. Santorums Erklärungen klangen technokratisch und zeigten, welch guter Strippenzieher er als Senator war.

Bissige Kommentare vom libertären Kauz

Bei Santorums Lieblingsthemen - traditionelle Werte, starke Rolle der Familie, Ablehnung von Abtreibung - stimmten Romney und Gingrich in den Chor ein: Wie kein anderer Präsident gefährde Barack Obama die Religionsfreiheit. Auch in Fragen der Außenpolitik überboten sich die drei. Niemals dürfe am Militär gespart werden und natürlich müsse Amerika Israel dabei unterstützen, eine nukleare Bewaffnung Irans zu verhindern - notfalls mit militärischer Unterstützung. Auf die Einwände Ron Pauls, dass niemand wisse, ob Teheran die Bombe besitze, und dass die Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak den USA einen Schuldenberg beschert hätten, reagierten nur seine Fans in der Kongresshalle von Mesa, Arizona.

Die bissigen Kommentare des libertären Kauzes setzten den etablierten Kandidaten zu. Als Santorum zu erläutern versuchte, weshalb er einem Gesetzespaket zugestimmt habe, durch das Gelder an Planned Parenthood (die Organisation finanziert auch Abtreibungen) flossen, buhte das Publikum laut auf. Die Beschwörung des Ex-Senators, die Bildungsinitiative No child left behind von Präsident George W. Bush beenden zu wollen und Romneys Tiraden über Obamacare bilanzierte Paul knapp: "Wieso stimmt ihr erst Sachen zu, die ihr später abschaffen wollt?" Dies sei weder glaubwürdig und führe dazu, dass noch mehr Bürger voller Verachtung nach Washington blickten: "Nur neun Prozent der Amerikaner finden die Arbeit des Kongresses gut."

Fazit: Mitt Romney hat verhindert, dass ihm Rick Santorum weiter enteilt - eine Umfrage für die Detroit Free Press sieht beide mit 34 beziehungsweise 37 Prozent in Michigan fast gleichauf. Und Newt Gingrich, der mit seiner aggressiven Rhetorik die Debatten lang dominierte, hat sich ähnlich wie Ron Paul respektabel geschlagen.

Linktipp: CNN hatte Clips zur Debatte veröffentlicht und die New York Times hat die Debatte in einem klugen Live-Blog inklusive Fakten-Check verfolgt.

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