TV-Debatte in Las Vegas:Alle Republikaner wollen Oberbefehlshaber sein und den IS zerstören

Terror ist das einzige Thema der letzten Republikaner-Debatte 2015. Während Trump oft abtaucht, spricht Ted Cruz von Todesurteilen für IS-Kämpfer - und Chris Christie nutzt seine Chance.

Von Matthias Kolb, Washington

Vor dem Showdown in Las Vegas standen drei Fragen im Mittelpunkt. Werden Carly Fiorina und die acht Männer über irgendein anderes Thema reden als Terrorismus und die Bedrohung durch den IS? Welcher Rivale wird sich deutlich von Donald Trumps Vorschlag distanzieren, keine Muslime in die USA einreisen zu lassen? Und wie kommt der Texaner Ted Cruz damit zurecht, dass er im Mittelpunkt steht, nachdem er Trump in Iowa überholt hat?

Nach zwei hitzigen Stunden im Venetian-Casino steht fest: Die republikanischen Kandidaten reden fast nur über den "Islamischen Staat" sowie über andere Bedrohungen für die USA. Heftige Attacken gegen Trumps Vorschläge kommen von Jeb Bush ("Chaos-Kandidat"), Rand Paul ("nicht ernst zu nehmen"), Chris Christie und John Kasich - doch ihre Wirkung dürfte wie in den Monaten zuvor minimal sein. Und Cruz hat kein Problem mit Attacken gegen ihn, und er biegt sich die Fakten so hin, dass sie zu seinen Hardliner-Positionen passen.

Die letzte eigentliche TV-Debatte der Republikaner fand drei Tage vor den Pariser Terrorattacken statt, und nach dem Anschlag in San Bernardino wollen alle Präsidentschaftsbewerber die Chance nutzen, ein Millionenpublikum davon zu überzeugen, dass sie als Oberbefehlshaber die Amerikaner schützen würden. Zu Beginn schwört Cruz, den IS "vollkommen zu zerstören", und Chris Christie nennt die Terrorangst die "neue Normalität", an der Obama und Hillary Clinton schuld seien.

Christie überzeugt als Macher mit Anti-Terror-Erfahrung

Stunden nachdem Los Angeles vorsichtshalber alle Schulen geschlossen hatte, thematisiert der Gouverneur von New Jersey die Sorgen vieler Amerikaner: "So etwas macht Angst. Die Kinder in LA werden sich fragen, ob sie in ihren Schulen sicher sein werden. Die Mütter, die ihre Söhne und Töchter zum Bus bringen, werden sich fragen, ob sie zurückkommen - und die Väter fahren zur Arbeit und haben Angst um ihre Kinder und Frauen."

Geschickt nutzt Christie seine Erfahrung als Staatsanwalt in New Jersey nach den 9/11-Anschlägen, um sich von den Senatoren Cruz, Marco Rubio und Rand Paul zu distanzieren: "Die Amerikaner interessieren sich nicht für irgendwelche Gesetzesformulierungen und in welchen Ausschüssen ihr sitzt." Seine Botschaft: Keiner von denen weiß, wie eine Terror-Ermittlung funktioniert und musste je eine schwierige Entscheidung treffen.

In seinem Schluss-Statement verweist er darauf, "sieben Jahre" seines Lebens damit verbracht zu haben, die Amerikaner vor Terroristen zu schützen: "Für mich ist das keine Theorie." Christies Umfragewerte dürften weiter steigen, denn er ist viel selbstbewusster als in der ersten TV-Debatte.

Ted Cruz gibt den härtesten Hardliner

In Sachen Selbstbewusstsein ist Ted Cruz schwer zu überbieten, und niemand redet an diesem Abend mehr als er. Der Texaner wettert gegen Obama und dessen Political Correctness und lässt sich von Attacken nicht aus der Ruhe bringen. Mit Rubio streitet er über das richtige Maß an NSA-Überwachung, doch das Thema ist zu speziell für den Normalbürger. Cruz gibt sich wie so oft martialisch: Er will den IS mit einem "Bombenteppich" überziehen, "bis der Sand glüht".

Der 44-Jährige behauptet, dass dies die Strategie im Irakkrieg 1991 gewesen sei - obwohl Experten dies mehrfach als falsch und Beleg für fehlende Expertise bezeichnet haben. Tea-Party-Liebling Cruz profiliert sich weiterhin als Mann der starken, simplen Sprüche: "Wir müssen den Dschihadisten eine Botschaft senden: 'Wenn ihr euch der IS-Miliz anschließt, dann habt ihr euer Todesurteil unterschrieben'."

Seit Wochen meidet Cruz Angriffe auf Donald Trump, dessen Anhänger er gerne zu sich locken will, falls der Milliardär aus dem Rennen ausscheiden sollte. Auch in Las Vegas attackiert er Trump nicht, sondern flüchtet sich in die Formulierung, dass "alle neun Menschen auf dem Podium" bessere Präsidenten wären als Obama.

Trump versichert erneut, nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten

Wie in den vier vorherigen TV-Debatten taucht Donald Trump auch dieses Mal immer wieder ab: Er mischt sich nicht in die Wortgefechte zwischen anderen Rivalen ein, sondern antwortet nur auf Fragen ("Ja, ich bin weiter dafür, die Familienmitglieder von IS-Terroristen zu töten") oder wenn er direkt angegangen wird. Hier tut sich vor allem Jeb Bush hervor, der Trump am entschiedensten entgegentritt und ihn "Chaos-Kandidaten" bezeichnet, der auch ein "Chaos-Präsident" sein würde.

Diese Attacken waren ein Zeichen an seine Unterstützer, dass Floridas Ex-Gouverneur den Kampf um das Weiße Haus nicht aufgegeben hat. Ob sie der Popularität des Immobilien-Milliardärs schaden werden, bleibt abzuwarten. Trump verfolgt seine übliche Strategie: Er flüchtet sich in Allgemeinplätze (wie er Teile des Internets sperren will, damit der IS dort nicht rekrutieren kann, bleibt weiterhin schleierhaft) und macht sich mit Gesten über Rivalen lustig.

Die wichtigste Botschaft von Donald Trump besteht darin, dass er erneut versichert, nicht als unabhängiger Kandidat anzutreten, wenn er nicht von den Republikanern nominiert wird. Auch Ben Carson, der mit einem solchen Schritt gedroht hatte, bekennt sich zur Grand Old Party - und fällt ansonsten kaum auf. Ähnliches gilt für John Kasich, der zwar viel Erfahrung hat, aber eher besserwisserisch rüberkommt, wenn er als Gouverneur von Ohio ständig betont, was er bereits im Februar 2015 vorgeschlagen habe.

Marco Rubio beherrscht die außenpolitischen Themen zwar besser als alle anderen Rivalen, aber an diesem Abend brilliert er nicht wie sonst. Auch die anderen Kandidaten dringen nicht wirklich durch: Carly Fiorina ist überzeugt, dass die Silicon-Valley-Firmen den Sicherheitsbehörden in Sachen Verschlüsselung schon helfen werden, wenn die US-Regierung nur höflich frage. Ansonsten zitiert sie Margaret Thatcher ("Wenn du willst, dass über etwas geredet wird, frag einen Mann. Wenn etwas gelöst werden soll, frag eine Frau") - und trägt ein riesiges Kreuz um den Hals.

Klimawandel? CNN interessiert sich nicht dafür

Natürlich dominiert das Thema Terrorismus die öffentliche Debatte in den USA, aber es ist doch bezeichnend, dass CNN keine Frage zum ambitionierten Klima-Abkommen stellt, das wenige Tage vorher in Paris verabschiedet wurde. Die ablehnende Haltung der Republikaner ist bekannt, aber hier hätten Nichtamerikaner gerne gehört, wie die Moderatoren nachbohren und die Konservativen damit konfrontieren, dass der Rest der Welt anders denkt als sie.

Nur John Kasich spricht das Treffen in Frankreich an, um sich gleich zu beschweren: "Wenn ich sehe, dass diese Klima-Konferenz in Paris stattfindet: Die sollten dort lieber darüber reden, wie sie den IS zerstören, denn diese Dschihadisten sind ja in jedem Staat der Welt aktiv."

Es wird einige Tage dauern, bis klar ist, wie die Amerikaner in Iowa, New Hampshire und im Rest der USA die Performance der Kandidaten beurteilen. Erste Anzeichen bieten jedoch Interviews mit Fokusgruppen - hier werden etwa 30 Wähler befragt, wie sie die Leistungen der einzelnen Politiker beurteilen und wen sie sympathischer finden (Details hier).

Einer der besten Experten auf diesem Gebiet ist Frank Luntz - und er bilanziert die letzte Debatte der Republikaner im Jahr 2015 so: Jeder Kandidat, der Trump angreift, wird von den potenziellen Wählern abgestraft - und mit seinen kompromisslosen Sprüchen kommt Ted Cruz extrem gut an.

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