Türkei:Vom Chip zur Staatsaktion

Ist der türkische Minister souverän genug, die Affäre beizulegen?

Von Stefan Kornelius

Ein Interview mit einem Sportminister gerät in der Regel nicht zu einer Sensation. Was das türkische Kabinettsmitglied Akif Çağatay Kılıç mitzuteilen hat, ist für einen deutschen Sender vor allem deswegen interessant, weil Kılıç deutsch spricht. Der Minister bestimmt nicht die Richtlinien der türkischen Politik. Selbst wenn er sich im Ton vergreift, dann ändert sich für die deutsch-türkischen Beziehungen erst mal wenig.

Damit das auch so bleibt, sollte die Aufregung um das Interview des Journalisten Michel Friedman mit Kılıç auf ihren Kern reduziert werden: Die Presseabteilung schwatzt dem Kamerateam die Aufzeichnung ab und sagt, das Gespräch werde nicht autorisiert. Friedman behauptet indes, das Interview sei "beschlagnahmt" worden, eine Autorisierung sei nicht verabredet gewesen.

Die Sache mit der Autorisierung muss sich klären lassen. Gibt es keine schriftliche Vereinbarung, stehen die Dinge schlecht für den Minister. Überhaupt ist es ungewöhnlich, ein TV-Gespräch nachträglich abzunicken. Das kommt selbst in der Autorisierungs-Nation Deutschland selten vor. Kılıç hat also die Wahl: Entweder behält er den Aufzeichnungschip und macht eine Staatsaktion daraus, oder er muss die vermeintlichen Verwerflichkeiten offenbaren, die er von sich gegeben hat. Dann wäre es klüger gewesen, er hätte nicht reagiert. Die wenigsten hätten von dem Gespräch Notiz genommen.

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