Türkei:Türkische Präsidentengarde soll aufgelöst werden

  • Nach dem gescheiterten Putschversuch soll nun die türkische Präsidentengarde aufgelöst werden.
  • Die Elitetruppe werde nicht mehr gebraucht, verkündete Regierungschef Binali Yildirim.
  • Die türkische Regierung geht weiter gegen Anhänger und Vertraute des Geistlichen Fethullah Gülen vor.

Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei will die Regierung die Präsidentengarde auflösen. Wie der türkische Regierungschef Binali Yildirim am Samstagabend dem türkischen Sender A Haber sagte, gebe es zum jetzigen Zeitpunkt und auch in Zukunft keine Notwendigkeit mehr für die Einheit.

Bereits am Freitag war mitgeteilt worden, dass im Zusammenhang mit dem Putschversuch Haftbefehl gegen 300 Mitglieder der Präsidentengarde erlassen wurde. Nach Informationen des Fernsehsenders CNN-Türk wurden auf dieser Grundlage bereits 283 Mitglieder der Präsidentengarde festgenommen. Der Elitetruppe hat insgesamt etwa 2500 Mitglieder.

Vertraute von Fethullah Gülen festgenommen

Nach dem Putschversuch ist ein wichtiger Mitarbeiter des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen festgenommen worden. Hails Hanci sei in der Schwarzmeer-Provinz Trabzon verhaftet worden, teilte ein Regierungsvertreter am Samstagabend mit. Dieser sei die "rechte Hand" Gülens und kümmere sich um den Transfer von Geldern an den Geistlichen. Hanci sei "anscheinend" zwei Tage vor dem Putschversuch in die Türkei gereist, sagte der Regierungsvertreter.

Am Samstag war ebenfalls bekannt geworden, dass Gülens Neffe in Gewahrsam genommen wurde. Muhammed Sait Gülen sei in der nordöstlichen Stadt Erzurum in Gewahrsam genommen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Gülen selbst weist die Anschuldigungen zurück. Die Türkei verlangt von den USA seine Auslieferung. Erdoğan geht unterdessen massiv gegen die Anhänger Gülens vor.

Tausende Festnahmen nach Putschversuch

Erdoğan ordnete die Schließung von 2341 Einrichtungen im Land an, darunter Schulen sowie gemeinnützige, gewerkschaftliche und medizinische Institutionen. Zugleich verschärfte die Regierung die Ausreisekontrollen, um vor allem Staatsbedienstete an einer Flucht ins Ausland zu hindern. Die Entwicklung löste international Besorgnis aus, deutsche Politiker forderten Konsequenzen.

Etwa 11 000 Reisepässe - vor allem von Staatsbediensteten - wurden nach offiziellen Angaben für ungültig erklärt. An den Flughäfen müssen Staatsbedienstete nun eine Bescheinigung ihrer Behörde vorlegen, in der ausdrücklich steht, dass ihrer Ausreise nichts im Wege steht. Das gelte auch für Ehepartner und Kinder, hieß es.

Seit Donnerstag gilt in der Türkei ein 90-tägiger Ausnahmezustand. Yildirim teilte mit, dass inzwischen bereits etwa 13 000 Verdächtige festgenommen worden seien. 37 500 Polizisten und zivile Angestellte wurden entlassen, darunter viele Mitarbeiter des Bildungsministeriums. 21 000 Lehrern wurde die Arbeitserlaubnis entzogen. 600 weitere Schulen sollten geschlossen werden, hieß es vom Bildungsministerium. Nach dem Putschversuch ließ die Führung mehr als 10 000 Menschen festnehmen.

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