Türkei:Istanbuler Gericht schließt Öffentlichkeit bei Prozess gegen kritische Journalisten aus

Türkei: Can Dündar betritt zum Prozessauftakt mit einer Ausgabe seiner Zeitung Cumhuriyet das Gerichtsgebäude.

Can Dündar betritt zum Prozessauftakt mit einer Ausgabe seiner Zeitung Cumhuriyet das Gerichtsgebäude.

(Foto: AFP)
  • Cumhuriyet-Chefredakteur Dündar und seinem Hauptstadtkorrespondenten Gül saßen bereits drei Monate in Untersuchungshaft.
  • Die Zeitung hatte über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien, etwa den Islamischen Staat, berichtet.

Der Prozess gegen die regierungskritischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül in der Türkei wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit weitergeführt. Das habe das Gericht in Istanbul am ersten Verhandlungstag am Freitag entschieden, berichteten Prozessbeobachter. Der Geschäftsführer von Reporter Ohne Grenzen, Christian Mihr, nannte die Entscheidung auf Twitter "feige und unwürdig".

Nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA wurden Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und der türkische Geheimdienst MIT als Nebenkläger zugelassen. Erdoğan selbst hatte Anzeige gegen Dündar und Gül erstattet. Den beiden Journalisten droht eine lebenslange Haft.

Es geht um angebliche Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien

Dündar ist Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Gül der Hauptstadtkorrespondent des Blattes. Die beiden stehen unter anderem wegen Spionage und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht. Hintergrund der Anklage ist ein Bericht der Cumhuriyet über angebliche Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien aus dem vergangenen Jahr.

Vor etwa einem Monat waren Dündar und Gül nach drei Monaten Untersuchungshaft zunächst freigelassen worden. Das Verfassungsgericht hatte entschieden, sie vorläufig auf freien Fuß zu setzen, da nach Ansicht der Mehrzahl der Richter die "Rechte auf persönliche Freiheit und Sicherheit" von Dündar und Gül verletzt wurden.. Die für Terrordelikte zuständige Staatsanwaltschaft in Istanbul ermittelte aber weiter gegen die beiden Journalisten. Auch Erdoğan ließ mitteilen, er akzeptiere die Entscheidung des Verfassungsgerichts nicht.

Die Türkei war schon immer für ihren rüden Umgang mit der Pressefreiheit bekannt. Seit dem vergangenen Jahr geht die AKP-Regierung jedoch immer massiver gegen Journalisten vor. Mehrere Fernsehsender, Zeitungen wie etwa das größte kritische Blatt Zaman und Nachrichtenagenturen stehen unter Zwangsverwaltung. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: