Türkei:Führende Journalisten in der Türkei verhaftet

Can Dündar

Cumhuriyet-Chef Can Dündar (rechts) und der Leiter des Haupstadtbüros Erdem Gül sind in Haft.

(Foto: AP)
  • Zwei regierungskritische Journalisten in der Türkei wurden wegen "Spionage" und "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" verhaftet.
  • Der Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet" und sein Büroleiter hatten Fotos von angeblichen Waffenlieferungen nach Syrien veröffentlicht.

Erdoğan persönlich hatte die Anzeige gestellt

Der Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet muss nach einer Strafanzeige von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ins Gefängnis. Gegen Cumhuriyet-Chef Can Dündar und den Hauptstadtkorrespondenten der Zeitung, Erdem Gül, sei am Donnerstag Haftbefehl erlassen worden, berichtete die Nachrichtenagentur DHA.

Den beiden Journalisten werde Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Spionage vorgeworfen. Hintergrund ist ein von Dündar und Gül verfasster Bericht über angebliche Waffenlieferungen von der Türkei an Extremisten in Syrien. "Cumhuriyet" hatte im Sommer Fotos veröffentlicht, die eine Waffenlieferung für Extremisten in Syrien aus der Türkei Anfang 2014 belegen sollen. Die Behörden hatten eine Nachrichtensperre über den Fall verhängt. Die türkische Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein. Erdoğan hatte persönlich Anzeige gestellt.

Dündar bezeichnet Verhaftung als "Ehrenmedaille"

Nach der Veröffentlichung des Berichts zu der angeblichen Waffenlieferung wurden Ende Oktober die Büros von Cumhuriyet in Istanbul und Ankara durchsucht. Erdoğan wies den Bericht des Blattes entschieden zurück und kündigte an, Dündar werde "einen hohen Preis zahlen". Der Chefredakteur sagte nun vor Beginn der Gerichtsverhandlung in Istanbul, das Vorgehen der Justiz sei für ihn und seinen Kollegen eine "Ehrenmedaille".

Cumhuriyet wurde vergangene Woche von der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen als Medium des Jahres ausgezeichnet. Dündar und Gül würden aus "politischen Gründen verfolgt", erklärte die Organisation. Dies sei ein weiterer Beleg für das Bestreben der türkischen Staatsführung, "den unabhängigen Journalismus auszulöschen". Der Regierung in Ankara werden seit Jahren immer wieder Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen.

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