Türkei:Erdoğan wirft EU beim Flüchtlingsdeal Wortbruch vor

Türkei: Erdoğan bei einer TV-Ansprache im Präsidentenpalast.

Erdoğan bei einer TV-Ansprache im Präsidentenpalast.

(Foto: AP)
  • Der türkische Präsident Erdoğan macht der EU in einem Interview mit der ARD schwere Vorwürfe.
  • Die EU habe ihre finanziellen Versprechen zur Unterstützung der etwa drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei bisher nicht gehalten, sagt er.
  • Er verteidigt zudem sein Vorgehen gegen Anhänger der Gülen-Bewegung und äußert sich auch zur Todesstrafe.

In einem ARD-Interview hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die EU scharf angegriffen. "Die europäischen Regierenden sind nicht aufrichtig", sagte er. Die EU habe ihre finanziellen Versprechen zur Unterstützung der etwa drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei bisher nicht gehalten. "Drei Milliarden waren zugesagt", sagte Erdoğan, doch seien bisher nur ein bis zwei Millionen Euro eingetroffen. "Wir stehen zu unserem Versprechen. Aber haben die Europäer ihr Versprechen gehalten?", fragte der Staatschef. Erneut forderte er die Umsetzung der Visa-Freiheit für Türken.

Das im März geschlossene Abkommen sieht vor, dass die Türkei alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurücknimmt, deren Asylantrag in Griechenland abgelehnt worden ist. Im Gegenzug sagte die EU zu, für jeden zurückgenommenen Syrer auf legalem Weg einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen. Zudem versprach die EU Hilfszahlungen von drei Milliarden Euro zur Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei.

Bei Menschenrechtlern stieß der Flüchtlingspakt auf scharfe Kritik. Seit dem gescheiterten Militärputsch brandete die Debatte neu auf, ob das Abkommen weitergeführt werden könne.

"Ich bin kein König. Ich bin nur ein Staatspräsident"

Erdoğan verteidigte sein hartes Vorgehen gegen seine politischen Gegner. Es gebe eine ernstzunehmende Organisation und die Identitäten ihrer Mitglieder seien bekannt, sagte er mit Blick auf die Gülen-Bewegung. "Weil sie bekannt sind, konnten wir schnell reagieren", sagte der Präsident. Ob er eine Verlängerung des dreimonatigen Ausnahmezustands anstrebe, ließ er offen. "Wenn es eine Normalisierung gibt, brauchen wir keine zweiten drei Monate", sagte der Staatschef.

Auch zu einer möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe äußerte er sich. Als Präsident habe er nicht die Befugnis, die Todesstrafe wiedereinzuführen. "Ich bin kein König. Ich bin nur ein Staatspräsident." Er müsse aber das Volk anhören, und dieses wolle die Todesstrafe. Die EU hatte gewarnt, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe den Abbruch der Beitrittsgespräche zur Folge hätte.

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