Tsvangirais Kampf um Simbabwe:Ein Rückzug auf dem Weg nach vorn

Simbabwes Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ist in die niederländische Botschaft geflohen. Schon zuvor hatte er sich geweigert, bei der Stichwahl gegen Präsident Robert Mugabe nicht anzutreten - ein Schachzug mit Kalkül.

Judith Raupp

Morgan Tsvangirai hat die Menschen im Wahlkampf aufgefordert, mutig zu sein. Er hat ihnen gesagt, sie sollten sich nicht von den Schlägern des Präsidenten einschüchtern lassen, sie sollten trotz allem für die Oppositionsbewegung "Movement for Democratic Change" (MDC) stimmen. Doch am vergangenen Sonntag hat Tsvangirai, der MDC-Präsident, klein beigegeben.

Morgan Tsvangirai Simbabwe

Hält sich derzeit in der niederländischen Botschaft auf: Morgan Tsvangirai

(Foto: Foto: Reuters)

Mit hölzerner Stimme hat er von einem Blatt Papier abgelesen, dass er am Freitag nicht in der Stichwahl gegen Robert Mugabe antreten werde. Tsvangirai schien seine Kraft verloren zu haben, der große Mann wirkte schwach, seltsam distanziert. Doch er nannte einen Grund für die Entscheidung: "Ich kann es nicht verantworten, zur Wahl aufzurufen, wenn die Menschen dafür mit ihrem Leben bezahlen müssen", sagte der Oppositionsführer.

Ob es aber tatsächlich Tsvangirais eigener Wille war, zur Stichwahl nicht mehr anzutreten, ist unklar. Manche politische Beobachter glauben, er sei von der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC und von einigen Führungsmitgliedern der eigenen Partei zu dieser Entscheidung gedrängt worden.

Für diese These spricht, dass er zur Zeit auf seinen engsten Berater, den MDC-Generalsekretär Tendai Biti, verzichten muss, weil Mugabe ihn wegen angeblichen Hochverrats verhaften ließ.

Biti vertritt die Ansicht, die Opposition müsse die Stichwahl trotz aller Repressionen durchhalten. Nur so könne man der Weltöffentlichkeit vor Augen führen, dass sich Mugabe nur mit Gewalt an der Macht halte.

Geachtet für seine Zähigkeit

Nun verfolgt Tsvangirai offensichtlich eine andere Strategie. Mit seinem überraschenden Rückzug überlässt der 56 Jahre alte Herausforderer Mugabe zunächst die Präsidentschaft. Doch kann sich der Diktator nun nicht mit einer pseudo-demokratischen Wahl schmücken.

Tsvangirai hofft, dass die südafrikanischen Staaten und die Vereinten Nationen deshalb Druck auf Mugabe ausüben, dass sie ihn dazu bewegen zurückzutreten - oder dass er über eine Regierungsbeteiligung mit der Opposition verhandeln muss.

Tsvangirai ist in Simbabwe vor allem wegen seiner Zähigkeit geachtet. Er wurde mehrmals verhaftet und misshandelt. Vor einem Jahr wurde der Vater von sieben Kindern so schwer gefoltert, dass er nur knapp mit dem Leben davonkam. Schon als Jugendlicher musste Tsvangirai lernen, sich zu behaupten.

Der Sohn eines Maurers verließ die Schule, um in einer Textilfabrik Geld für den Lebensunterhalt seiner Eltern und seiner acht Geschwister zu verdienen. Er trat in die Gewerkschaft ein und arbeitete sich zum Generalsekretär des simbabwischen Dachverbandes hinauf. Sein Rückhalt in der Arbeiterbewegung macht ihm die Gespräche mit Thabo Mbeki schwer.

Der südafrikanische Präsident soll im Auftrag der SADC zwischen Mugabe und Tsvangirai vermitteln. Doch die Antipathie zwischen Mbeki, der in seinem Land mit den Gewerkschaften im Streit liegt, und Morgan Tsvangirai sitzt tief. Zumal Tsvangirai den Südafrikaner Mbeki öffentlich dafür gerügt hat, dass er zu den Gewaltexzessen des Mugabe-Regimes schweigt.

Doch auch Tsvangirai ist nicht unumstritten. Mal regiere er seine Partei selbstherrlich, dann wieder sei er wenig entscheidungsfreudig, erzählen einige Weggenossen. Wie ernst er es mit der Demokratie hält, ist kaum abzuschätzen, solange er nicht Präsident wird.

Peter Bouckaert von Human Rights Watch ist aber überzeugt, dass Tsvangirai für Simbabwe eine Verbesserung bringen würde. Schlimmer als unter Mugabe könne es nicht mehr werden, sagt er.

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