Trumps Sicherheitspolitik:Das Recht des Stärkeren

Amerika habe Nazis und Kommunisten besiegt, unter seiner Führung würden die USA auch den islamistischen Terror in die Knie zwingen: In einer Grundsatzrede predigt Trump schlichte Waffengewalt.

Von Hubert Wetzel, Washington

Als Donald Trump jüngst eine wirtschaftspolitische Rede hielt, musste irgendein Kommentator an Frankenstein denken. Nicht, weil Trumps Pläne so schrecklich und monströs gewesen wären. Sondern weil sein Plan aus so vielen Teilen zusammengeflickt war, ein Mischmasch aus alten und neuen, rechten und linken Ideen und Forderungen, die aber alle nicht wirklich zueinander passten.

Das Frankenstein-Bild passt auch zu der sicherheitspolitischen Grundsatzrede, die Trump am Montag gehalten hat. Aus allerlei Stücken, aus Altbekanntem und Neuerfundenem, nähte der republikanische Präsidentschaftskandidat da einen Plan für seine Außen- und Einwanderungspolitik zusammen. Ob sein Werk sich jemals vom Operationstisch erheben und hinaus in die Welt wanken wird, sei dahingestellt.

Den wichtigsten Teil seiner Außenpolitik hat Trump von George W. Bush geklaut. Auch Trump will ein Anti-Terror-Präsident werden, den "Islamischen Staat" (IS) bezeichnete er als die derzeit größte Bedrohung. Amerika habe Faschisten, Nazis und Kommunisten besiegt, sagte er, jetzt werde Amerika unter seiner Führung den "Radikalen Islamischen Terrorismus" besiegen. So lautet der neue Fach- und Kampfbegriff der Republikaner, Trump schreibt ihn mit Großbuchstaben, als sei es eine klar umrissene Ideologie, repräsentiert von einem fest gefügten, identifizierbaren Regime, das man nur mit entschlossener Waffengewalt in die Knie zwingen könne.

Dass Trump als Präsident der Waffengewalt den Vorzug geben würde, daran ließ er keinen Zweifel. Mit den größeren Zusammenhängen, mit der Frage zum Beispiel, warum so viele junge Männer im Nahen Osten und im Westen sich für den IS begeistern und was Amerika dagegen tun könnte, hielt sich der Kandidat nicht auf. "Meine Regierung wird aggressive Militäraktionen durchführen, um den IS zu zerschlagen und zu zerstören", versprach Trump.

Das ganze Gewese um Demokratieaufbau und wirtschaftliche Entwicklung will Trump künftig bleiben lassen, kein nation building mehr, keine "Freiheitsagenda", wie sie Bush - und etliche andere republikanische Präsidenten davor - noch propagiert hatten. Schon gar keine Selbstzweifel und Entschuldigungen für Amerikas Größe und Stärke. Trump entpuppte sich in seiner Rede als ein frostiger außenpolitischer Realist, der mit der traditionellen republikanischen Überzeugung, dass Amerika ein Vorbild in der Welt sein müsse, ein Leuchtturm der Freiheit, ein Vorkämpfer für Bürger- und Menschenrechte, wenig anfangen kann. Amerikas Linke, nicht zuletzt Präsident Barack Obama, haben die Überheblichkeit und Scheinheiligkeit dieses Anspruchs oft kritisiert, ohne ihn aber grundsätzlich aufzugeben. Trump warf ihn über Bord. Der "Amerikanismus" - die Konzentration auf Amerikas eigene, harte Interessen -, den er als Leitmotiv seiner Wirtschaftspolitik genannt hat, würde auch seine Außenpolitik leiten.

Ähnlich pragmatisch wäre Trump bei der Auswahl der Verbündeten. Da klang der Kandidat kaum anders als weiland der Nationalist Donald Rumsfeld: Wer im Anti-Terror-Kampf mitmachen will, soll mitmachen. Aber Amerika entscheidet, was gemacht wird. Mit Russland werde er einen Konsens finden, versicherte er. Auch die Nato, die sich, so behauptete Trump - was freilich völliger Unsinn ist -, erst kürzlich, nach seiner persönlichen Kritik überhaupt dem Thema Terrorismus zugewandt habe, werde eine Rolle spielen können. Dass dieses Versprechen die Partner in Europa beruhigt, darf man doch bezweifeln.

Wie sich Trump den Nahen Osten nach seinem Sieg über die Islamisten eigentlich vorstellt, sagte er nicht. Glaubt man ihm, dann war früher alles besser, als von Libyen über Ägypten und Syrien bis zum Irak noch Diktatoren an der Macht waren. Dass die Region damals ruhiger war, ist unbestritten; ob Repression und Autokratie ein haltbarer oder wünschenswerter Zustand waren, ob man dahin zurück kann oder sollte - alles Fragen, die in einer Grundsatzrede angesprochen werden könnten -, ließ Trump offen.

Angela Merkel fand Eingang in Trumps Rede - wegen ihrer Einwanderungspolitik

Auch die Frage, was Obama und dessen frühere Außenministerin Hillary Clinton eigentlich hätten anders machen sollen, als der Nahe Osten explodierte, beantwortete Trump nicht wirklich. Er beschuldigte beide, vielleicht nicht ganz zu Unrecht, durch falsche Entscheidungen für die heutige Misere in der Region mitverantwortlich zu sein. Aber es war schon auffällig (und bezeichnend), dass Trump bei all seinem Geschimpfe nur einen einzigen handfesten Fall nennen konnte, in dem er als Präsident anders gehandelt hätte - und dass er dann auch noch ein eklatant völkerrechtswidriges Vorgehen vorschlug: Er, so Trump, hätte nicht zugelassen, dass der "Islamische Staat" Zugriff auf das irakische Öl und damit auf Millionen Dollar bekommt. Stattdessen hätte er US-Soldaten geschickt, damit sich Amerika das Öl sichert. "Ich habe das ständig gesagt, zu jedem, der zugehört hat: Behaltet das Öl, behaltet das Öl, behaltet das Öl, habe ich gesagt - lasst es niemandem anderen." Diesen illegalen Plan zur Plünderung der irakischen Ölfelder begründete Trump mit einer interessanten Landsknechts-Weisheit: "Früher, wenn wir einen Krieg gewonnen hatten, gehörte dem Sieger die Beute."

Seinen harten außenpolitischen Anti-Terror-Kurs will Trump in den USA fortsetzen - genauer: an den Grenzen. Amerikas Terrorproblem ist für ihn vor allem ein Einwanderungsproblem. Das ist der Nenner, auf den er alle islamistisch motivierten Anschläge der vergangenen Jahre - die meisten verübt von US-Staatsbürgern - reduziert: "Die Attentäter waren Einwanderer oder die Kinder von Einwanderern." Sollte er Präsident werden, so kündigte Trump an, werde er daher die Vergabe von Visa an Menschen aus Staaten und ganzen Regionen, die in irgendeiner Weise terrorbelastet seien, für eine Übergangszeit praktisch einstellen. Später müssten sich Immigranten und Besucher aus diesen Weltgegenden dann einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen - eine "extreme, extreme Überprüfung", so Trump -, sowie einem Gesinnungstest. Wer dabei als möglicher Islamistensympathisant auffalle, weil er die Scharia gut und Schwulsein schlecht findet, dürfe nicht rein nach Amerika.

Einzelne Staaten, deren Bürger diesen neuen Regeln unterworfen wären, nannte Trump nicht. Doch in der Praxis müssten wichtige amerikanische Verbündete wie Saudi-Arabien oder Jordanien ebenso betroffen sein wie Nato-Mitglieder wie Frankreich oder Belgien. Wie er diese Staaten dann zur Hilfe im Kampf gegen Terrorismus bewegen will, wenn er zugleich alle ihre Bürger als mögliche Terroristen behandelt, blieb am Montag Trumps Geheimnis.

Auch Deutschland steht für Trump auf der Liste jener Länder, die durch unkontrollierte muslimische Einwanderung dem Terrorismus und der Kriminalität die Tore geöffnet haben. Man konnte sich schon wundern, dass Trump in einer Grundsatzrede über Terrorbedrohung und Terrorabwehr nur eine einzige ausländische Person beim Namen nannte: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Seine Rivalin Clinton wolle "Amerikas Angela Merkel werden", wetterte Trump. "Und Sie wissen, was für ein Desaster diese massive Einwanderung für Deutschland und das deutsche Volk war - die Kriminalität ist auf ein Niveau gestiegen, das man nicht für möglich gehalten hatte. Wir haben genug Probleme in unserem Land, wir brauchen nicht noch eins."

Die deutsche Polizei sieht das weniger dramatisch. Als Redenschreiber hätte man das wissen können. Aber Fakten haben Donald Trumps Weltbild noch nie gestört.

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