Besuch beim Papst:Begegnung mit der Ewigkeit

Besuch beim Papst: Zum ersten Mal als Präsidentenpaar auf Weltreise: Donald Trump und seine Frau Melania.

Zum ersten Mal als Präsidentenpaar auf Weltreise: Donald Trump und seine Frau Melania.

(Foto: AP)
  • Auf seiner Weltreise macht US-Präsident Donald Trump Halt im Vatikan - und besucht Papst Franziskus.
  • Es soll viel Vermittlungsarbeit gebraucht haben, um Trump von der diplomatischen Notwendigkeit eines Treffens zu überzeugen.
  • In den meisten politischen Fragen sind sich Trump und Franziskus uneinig.

Von Oliver Meiler, Rom

Wenn Donald Trump am Mittwochmorgen, kurz nach acht Uhr in der Früh, im Vatikan vorfährt, ist das Wichtigste schon passiert. Lange hatte Trump nämlich gezögert mit seiner Anfrage für eine Privataudienz beim Papst - unüblich lange, manche würden sagen: unziemlich lange. Als trüge er Franziskus es noch nach, dass ihn der während der Wahlkampagne im vergangenen Jahr einmal scharf gerügt hatte.

Es wäre das erste Mal gewesen seit Ende des Zweiten Weltkriegs, dass ein amerikanischer Präsident auf Italienreise den Papst nicht besucht. Und doch soll es viel Vermittlungsarbeit gebraucht haben, um Trump von der diplomatischen Notwendigkeit eines Treffens zu überzeugen, berichtet das gut informierte Nachrichtenportal Vatican Insider. Erst vor drei Wochen fand man einen passenden Termin.

Das Ritual des Anlasses liegt ganz in der Hand des Vatikans, es ist fein orchestriert und abertausend Mal erprobt. Die Gäste werden durch die prächtigen Hallen des Apostolischen Palasts geführt, vorbei an Schweizer Gardisten in bunten Uniformen aus einer anderen Zeit, hinauf zur Päpstlichen Bibliothek im zweiten Stock. Alles suggeriert: Eure weltliche Macht ist vergänglich, das hier ist auf Ewigkeit angelegt. Zwiegespräche mit dem Papst dauern in aller Regel zwischen 20 und 40 Minuten. Endet es nach weniger als 20 Minuten, muss man annehmen, dass sich die beiden nicht viel zu sagen hatten. Diesmal werden alle Stoppuhren laufen.

Franziskus und Trump sind sich in den meisten politischen Fragen uneinig, begonnen bei der Immigration. Als er 2016 die USA besuchte, sagte der Papst, wer Mauern baue, sei kein Christ. Trump erwiderte, niemand habe das Recht, über den Glauben eines anderen Menschen zu richten. Der Papst möge sich gefälligst aus der amerikanischen Innenpolitik heraushalten. Die New York Times fragte danach: "Ist der Papst der 'Anti-Trump'?" Unterschiedlich sehen die beiden Herrschaften auch den Klimawandel, die Armutsbekämpfung, den Dialog mit der muslimischen Welt.

Einig ist man sich hingegen, dass die Verfolgung der Christen im Nahen Osten aufhören muss, dazu erwartet man auch das stärkste gemeinsame Bekenntnis. Zudem steht Trump den Abtreibungsgegnern von "Pro Life" nahe, und das gefällt Franziskus. Als Trump den Bundesrichter Neil Gorsuch, ebenfalls "Pro Life", in den Supreme Court beförderte, quittierte man die Personalie im Vatikan mit Wohlwollen. Überhaupt hat sich Franziskus' Verstimmung seit Trumps Wahl gelegt. Ob man ihm zu Zurückhaltung riet, ist nicht bekannt. Jedenfalls äußerte er sich nie mehr abfällig. Auf das Treffen mit Trump angesprochen, sagte der Argentinier, er rede mit jedem, der das wünsche, und urteile erst danach.

Beide Seiten sind bemüht, die Beziehung zu reparieren. Dazu gehört wohl, dass der Papst die Entsendung der neuen US-Botschafterin am Heiligen Stuhl dieser Tage diskussionslos akzeptierte: Die TV-Produzentin Callista Gingrich ist dritte Ehefrau von Newt Gingrich, dem Republikaner und früheren Sprecher des Repräsentantenhauses. Franziskus hätte durchaus finden können, auf den Posten passe keine Frau, die jahrelang ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hatte. Es kommt vor, dass der Papst eine Akkreditierung ablehnt, weil ihm der Lebenswandel oder die sexuelle Orientierung eines Anwärters missfällt. Diesmal nicht. Vielleicht rechnet man Gingrich im Vatikan hoch an, dass sie ihren Gatten, einen Baptisten aus Pennsylvania, dazu brachte, der katholischen Kirche beizutreten.

Zum strengen Protokoll einer Privataudienz gehört es auch, dass sich Gastgeber und Gast nach der Unterredung und in Präsenz von Kameraleuten beschenken. Der Papst schenkt normalerweise eine Medaille und seine gesammelten Schriften, rot eingefasst. Auch "Laudato si'" wird wohl wieder dabei sein, Franziskus' zweite Enzyklika, in der er sich seiner großen Sorge um die Umwelt widmet. Trump ist da nicht so arg besorgt. Dennoch darf man annehmen, dass dann alle viel lächeln, damit es schöne Bilder gibt.

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