Trumps Anwalt vor Gericht:Stormy Day über Manhattan

Trumps persönlicher Anwalt Cohen steckt in großen Schwierigkeiten. Und mit ihm vielleicht der US-Präsident selbst. Im Streit um den Umgang mit beschlagnahmten Dokumenten fällt plötzlich ein bekannter Name.

Von Thorsten Denkler, New York

Über Manhattan ziehen gerade die Sturmwolken ab. Es hat den ganzen Tag zuvor geregnet. Und die Nacht. Und noch bis gerade eben, als Anwalt Michael Avenatti vor dem Gerichtsgebäude in Lower Manhattan auftaucht. Sofort stürzen Kameraleute, Fotografen und Reporter auf ihn zu, bedrängen ihn mit Fragen. Er aber sagt nur immer wieder: Es werde ein "stormy day", ein stürmischer Tag. Als wäre das noch lustig nach all den Monaten.

Avenatti ist der Anwalt der Pornodarstellerin Stormy Daniels, die 2006 eine Affäre mit dem heutigen US-Präsidenten Donald Trump gehabt haben soll. Trump bestreitet das. Sie verneint es nicht, aber sie ist auch noch an einen Schweigevertrag gebunden. Weswegen auch sie an diesem tatsächlich stürmischen Montag als Gast der anstehenden Anhörung im Gerichtssaal 26a folgen will.

Um kurz vor zwei Uhr Ortszeit und eine gute halbe Stunde nach Michael Cohen, dem persönlichen Anwalt von US-Präsident Donald Trump, betritt also Stormy Daniels das Gebäude des Bundesgerichtes in New York. In der Anhörung wird es um Michael Cohen gehen, gegen den das FBI ermittelt. Mit Cohen hatte Daniels kurz vor der US-Wahl 2016 angeblich den vertraglich abgesicherten Deal gemacht, dass sie niemals auch nur ein Wort über ihre Affäre mit Trump verliert. Und dafür 130 000 Dollar bekommt. Cohen hat inzwischen zugestanden, dass er Daniels das Geld gegeben habe. Aber aus der eigenen Kasse. Und ohne Angabe von Gründen.

Das hat das FBI neugierig gemacht. Am Montag vor einer Woche hat die US-Bundespolizei die Räumlichkeiten von Cohen in New York durchsucht. Die Ermittler gehen unter anderem der Frage nach, ob Cohen mit dem Deal verbotene Wahlkampfhilfe für Donald Trump betrieben hat. Das wäre dann der Fall, wenn sie nachweisen können, dass Cohen das Geld gezahlt hat, um Trump vor einer Wahlniederlage zu bewahren.

Das aber scheint inzwischen das kleinste Problem zu sein. Die Ermittler haben so viel Material, dass den Beteiligten Angst und Bange werden kann. Für Trump, der von allem nichts gewusst haben will, können das sehr schmerzhafte Ermittlungen werden. Wenn es etwas gibt, das ihm schaden könnte, es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn es sich nicht in den Cohen-Akten wiederfinden würde.

Cohen will jetzt verhindern, dass zu viel davon von den FBI-Ermittlern eingesehen werden kann. Darum diese Anhörung. Stormy Daniels ist da, nun ja, weil es ja irgendwie auch um sie geht. Und wohl auch, weil das Rampenlicht ihrer Karriere gerade außerordentlich guttut.

Nach der Anhörung fährt sie aus dem 26. Stock des Daniel-Patrick-Moynihan-Gerichtsgebäudes mit ihrem Anwalt Michael Avenatti im Fahrstuhl ganz nach unten. Und eilt mit ihm die langen Gänge des Gebäudes entlang zum Haupteingang. In ihrem rosa Kostüm und den langen blonden Haaren wirkt sie wie ein rosa Flauschball, dem Avenatti schützend seine Arme umlegt und ihn sanft aber nachhaltig auf sein Tempo bringt.

Trumps Anwalt vor Gericht: Stephanie Clifford alias Stormy Daniels gibt mit ihrem Anwalt Michael Avenatti nach der Anhörung der Presse ein Statement.

Stephanie Clifford alias Stormy Daniels gibt mit ihrem Anwalt Michael Avenatti nach der Anhörung der Presse ein Statement.

(Foto: AP)

Draußen stehen Dutzende Kameras bereit, um in das Land zu tragen, was Daniels zu dem Fall zu sagen hat. Viel ist es nicht. Dass Cohen immer dachte, er stehe über dem Recht, dass es damit jetzt vorbei sei. Und dass sie ihren Beitrag leisten wolle, damit sich das amerikanische Volk ein eigenes Bild machen könne. Vor allem darüber, ob die Affäre mit Trump stimmt. Oder gelogen ist, wie Trump behauptet.

Im Gerichtssaal herrscht Richterin Kimba Wood mit sanfter Strenge

Trumps Anwalt vor Gericht: Richterin Kimba Wood auf einer Gerichtszeichnung

Richterin Kimba Wood auf einer Gerichtszeichnung

(Foto: AP)

Deutlich spannender ist es in der Anhörung. Richterin Kimba Wood ist eine sagenhaft bedachte und erfahrene Frau, die wie deutlich unter 50 wirkt, aber doch schon 74 ist. Sie hat schon einiges gesehen in ihrem Gerichtssaal. Es scheint sie nicht die Bohne zu interessieren, dass die Anwälte von Cohen als auch die vom Weißen Haus abgestellte Anwältin immer wieder auf die Besonderheit des Falles aufmerksam machen. Die liege darin, dass ein Klient von Cohen zufälligerweise der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist.

Cohen - und auch Trump - wollen, das wird ihn der Anhörung schnell klar, dass möglichst sie alleine entscheiden, welche Akten das FBI einsehen darf. Und welche unter das Anwalt-Klient-Privileg fallen. Also aus ihrer Sicht niemanden etwas angehen. Das sieht die Staatsanwaltschaft anders. Und will eine Art Kommission einsetzen, die die Unterlagen dahingehend prüft, ob von dem Privileg geschützte Dokumente darunter sind.

Zunächst aber will Cohen einen weiteren, sehr besonderen Klienten schützen, dessen Name nicht öffentlich werden soll. Weil der mit dem Fall nichts zu tun habe, wie seine Anwälte sagen. Die Gegenseite sagt, wenn sie den Namen nicht erfahre, könne sie dummerweise nicht prüfen, ob sie der gleichen Meinung sei.

Fast eine Stunde geht es hin und her. Die Richterin lässt alle reden, bis es nichts mehr zu sagen gibt. Dann entscheidet sie. Cohens Anwälte sollen den Namen offenbaren. Jetzt und hier. Cohens Bank gibt auf. "Wie hätten Sie es gerne, soll ich den Namen auf ein Papier schreiben, und Ihnen in einem Umschlag geben? Oder soll ich ihn laut sagen?" - "Wie es Ihnen am bequemsten ist", sagt Richterin Woods. Es ist wie auf einer Oscar-Verleihung. Nur, dass diesmal der Oscar-Gewinner keine Spur von Freude zeigen wird.

And the winner is: Sean Hannity. Jetzt wird laut gelacht im Gericht. Ausgerechnet Sean Hannity. Er moderiert eine der erfolgreichsten Talk-Sendungen im konservativen Medienhaus Fox News. Fast jeden Abend erklärt er dort jenen, die es hören wollen, wie großartig Trump ist. Und wie verlogen dagegen die politische Linke im Land. Nicht dass Hannity je versucht hätte, seine Begeisterung für Trump zu verbergen. Trump und er telefonieren angeblich regelmäßig miteinander. Seine Talkshow anzusehen, ist in etwa so, als ob Uli Hoeneß die "Sportschau" moderieren würde. Es wäre recht einseitig. Und jetzt teilen Trump und Hannity auch noch den gleichen Anwalt.

Das ist auch insofern interessant, als dass Cohen derzeit nur drei Klienten hat, wie vor Gericht überraschend herauskam. Donald Trump, die Trump Organization, in der alle geschäftlichen Aktivitäten der Trump-Familie gebündelt sind. Und eben Hannity.

Der bemühte sich umgehend, die Sache kleinzureden. Er habe Cohen vielleicht hin und wieder mal in kleinen Dingen konsultiert. Aber nie eine Rechnung bekommen, schrieb er auf Twitter. Warum sollte Cohen auch Geld von Hannity nehmen. Freunde von Trump sind wohl auch Cohens Freunde.

Die Anhörung verläuft nicht so gut. Trumps Anwältin scheitert mit der Idee, dass der Präsident erst alle beschlagnahmten Unterlagen mit Bezug zu ihm sichtet. Und dann vorschlägt, welche seiner Meinung nach dem Anwalt-Klient-Privileg unterliegen. Richterin Wood fand das nicht überzeugend.

Jetzt will sie erst mal der Staatsanwaltschaft Zeit geben, alle Daten elektronisch aufzuarbeiten, damit alle Seiten wissen, über welche Menge von Dokumenten sie reden. Und dann will Richterin Wood entscheiden, ob erst eine Art Jury auswählt, was die Ermittler zu sehen bekommen. In der würden vor allem Staatsanwälte sitzen, die nicht mit dem Fall befasst sind. Das will die Staatsanwaltschaft. Oder eine einzelne Vertrauensperson, die mit dem FBI nichts am Hut hat, einen "Special Master". Das wollen Cohens Anwälte.

In einigen Wochen geht es also weiter. Sicher ist schon jetzt: Diese Ermittlungen werden das Land noch länger beschäftigen.

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