Trump und Kim:Der pöbelnde US-Präsident bestätigt Nordkoreas Diktator

UN-Vollversammlung

US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen mit Japans Premier Abe und Südkoreas Präsident Moon in New York.

(Foto: dpa)

Wer sich wechselseitig die Vernichtung verspricht, hat nicht verstanden: Der Krieg beginnt mit Worten. Europa muss sich von Trump klar distanzieren.

Kommentar von Kurt Kister

In den Neunzigerjahren gab es zwei schlechte Filme mit Charlie Sheen, die "Hot Shots 1" und "2" hießen. Es waren Holzhammer-Satiren, die viel veralberten, was mit den USA, fremden Diktatoren und dem eigenen Präsidenten zu tun hatte. Leider hat man im Moment das Gefühl, in "Hot Shots 3" zu leben, in dem ein lächerlicher asiatischer Despot und ein ebenso lächerlicher US-Fernsehpräsident die Welt in einen Atomkrieg reden.

Kim Jong-uns Nordkorea ist ein Zerrbild der stalinistischen Volksrepubliken aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Es mag sein, dass Kim selbst, wie das Außenminister Sigmar Gabriel gesagt hat, nicht verrückt ist, jedenfalls nicht im klinischen Sinne. In seiner Welt, die wohl von einer Einkreisungsphobie sowie einem gewaltbereiten Ehrbegriff bestimmt ist, handelt Kim wenn nicht rational, so doch berechenbar. Er droht mit dem Einzigen, was seine Feinde auch als Drohung empfinden: mit Atomwaffen.

Trump redet wie der pöbelnde Prinzipal einer TV-Sopa

Wenn es stimmt, was Gabriel sagt, wird Kim die Bombe nicht gegen Menschen oder gegen fremdes Territorium einsetzen. Er hat sie bisher nur im eigenen Land "getestet". Die nächste Eskalationsstufe, die Kim wohl noch als Drohung verstehen würde, wäre nun eine nukleare Explosion außerhalb Nordkoreas - sei es in internationalen Gewässern oder sehr hoch über der Erde. Das wäre illegal und verwerflich. Und es würde im Sinne des Wortes brandgefährlich.

Was der eine als Drohung meint, kann der andere bereits als Angriff empfinden. Und weil der andere in diesem Fall Donald Trump ist, stößt die völlig absurd motivierte Berechenbarkeit des Jungstalinisten Kim auf die individuelle Unberechenbarkeit eines Präsidenten, der nicht versteht, dass auch im 21. Jahrhundert aggressives Macho-Geschwätz einen Krieg auslösen kann.

Zu den vielen Fehlern Trumps, die ihn in der Summe ungeeignet für das Amt des US-Präsidenten machen, gehört seine Neigung, immer wieder zu twittern und zu reden, als sei er der pöbelnde Prinzipal einer TV-Soap. Er verhält sich gegenüber Kim nicht anders, als sich Kim ihm gegenüber verhält. Wer sich selbst auf dieses Niveau begibt, erniedrigt sich (und sein Land). Trump bestätigt in diesem Sinne Nordkoreas Diktator.

Cowboys haben für die USA mehr getan, als Trump je tun wird

Für Freunde und Verbündete Amerikas bedeutet dies, dass sie sich in wichtigen außenpolitischen Fragen klar von diesem Präsidenten distanzieren müssen. Das Atomabkommen mit Iran zum Beispiel mögen Trump und die Regierung Benjamin Netanjahus ablehnen; es liegt aber trotzdem im Interesse der Welt und Europas. Sollte die US-Regierung den Vertrag kündigen wollen, muss dies ein Ansporn für die EU (und für Berlin) sein, Iran trotzdem im Abkommen zu halten.

Die einstige Vormacht des Westens hat einen Präsidenten, der das Bekenntnis zu gemeinsamen Werten und Zielen nicht ernst nimmt. Er ist ein Nationalist. Dies ist bedauerlich, und es kann gefährlich sein, weil er zu häufig nicht von der Vernunft, sondern von etwas anderem getrieben wird. Einen Mann, der vor den Vereinten Nationen mit der Vernichtung eines Landes droht, also mit Abermillionen Toten, einen "Cowboy" zu nennen, wie das Teheran tat, ist eine Herabwürdigung dieses ehrenhaften Berufsstandes. Cowboys haben für Amerika mehr getan, als dies Donald Trump jemals tun wird.

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