"Troopergate" in Alaska:Palin hat ihr Amt missbraucht

Der Ethik-Ausschuss in Alaska hat seine Entscheidung gefällt: Sarah Palin hat in der Affäre um die Kündigung des Polizeichefs ihr Amt missbraucht. Doch Sanktionen stehen zunächst nicht an.

Verena Wolff

Sie schien wie der dringend benötigte frische Wind in der Kampagne von John McCain - doch die Brise hielt nur ein paar Wochen.

"Troopergate" in Alaska: Sarah Palin unter Druck.

Sarah Palin unter Druck.

(Foto: Foto: AFP)

Inzwischen ist der große Enthusiasmus vieler Republikaner gewichen - und es ist ans Tageslicht gekommen, dass Sarah Palin einigen Ballast aus Alaska auf die nationale politische Bühne mitgebracht hat.

Die größte Krux: Die sogenannte Troopergate-Affäre um den Ex-Schwager der Gouverneurin aus dem hohen Norden der USA.

Palin soll den Polizeichef Walt Monegan im Juli 2008 gefeuert zu haben, weil er sich weigerte, Mike Wooten, ihren Ex-Schwager im Dienste der Staatspolizei, zu entlassen.

Am Freitag nun hat der Ethik-Ausschuss in Alaska seinen Untersuchungsbericht veröffentlicht. Die Mitglieder kamen nach stundenlangen Beratungen zu dem Schluss, dass die Kandidatin für das US-Vizepräsidentenamt ihre Position als Gouverneurin missbraucht habe, um den missliebigen Polizeichef zu entlassen. "Ich stelle fest, dass die Gouverneurin Sarah Palin ihr Amt missbraucht hat", schrieb Chefermittler Steve Branchflower. Damit haben die Republikaner einen herben Rückschlag im Präsidentschaftswahlkampf erlitten

Bereits am Tag zuvor waren sie mit ihrem Versuch gescheitert, das parlamentarische Ermittlungsverfahren zu stoppen. Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Alaska lehnte einen Antrag republikanischer Abgeordneter ab, die das Verfahren einstellen wollten, weil es politisch motiviert sei. Die Ermittlungen waren bereits aufgenommen worden, als Palin noch weitgehend unbekannt und ungestört die Amtsgeschäfte im Staat Alaska führte - bevor John McCain sie an seine Seite rief.

Untersuchungsbericht wird veröffentlicht

Alle zwölf Mitglieder des staatlichen Rechtsausschusses stimmten zudem für die Veröffentlichung des Berichts, in dem die Untersuchungsergebnisse zur Entlassung Monegans enthalten sind. Besonders Palins Ehemann Todd soll demnach starken Druck auf Monegan ausgeübt haben - der allerdings blieb standhaft und musste im Juli seinen Sessel räumen. Wooten, der Stein des Anstoßes, war mit Palins Schwester verheiratet und befand sich in einem komplizierten Scheidungsverfahren.

Der Ausschuss räumte ein, dass es bei der Entlassung Monegans nicht ausschließlich um die Familienstreitigkeit ging, diese sei aber ein Faktor gewesen. Palin hatte dagegen erklärt, Grund für Monegans Entlassung sei vor allem ein Streit über Haushaltsfragen gewesen.

Das Gericht hatte es bereits am Donnerstag als legitim bezeichnet, "im Rahmen der Ermittlungsbefugnisse der gesetzgebenden Kammer über die Umstände einer Entlassung eines Beamten zu ermitteln". Ebenfalls am Donnerstag wurde eine eidesstattliche Erklärung von Palins Ehemann Todd veröffentlicht, in der er jeglichen Zusammenhang zwischen der Entlassung des Sicherheitschefs und der Scheidung seiner Schwägerin zurückweist. Der Gouverneurinnengatte räumte ein, mehrere führende Beamte wegen Wooten kontaktiert zu haben, versichert aber, seine Frau habe ihn aufgefordert, das "bleiben zu lassen".

Nach langwierigen Anhörungen stellte Ermittler Branchflower fest, dass Palin nichts unternommen habe, um die Einflussnahme ihres Mannes zu stoppen. Sie habe die im Bundesstaat Alaska geltenden ethischen Vorschriften für Staatsämter verletzt, folgerte Branchflower. In dem Bericht heißt es dazu wörtlich: "Gouverneur Palin ließ bewusst eine Situation andauern, in der unzulässiger Druck auf mehrere Untergebene ausgeübt wurde, um ein persönliches Anliegen voranzubringen. Sie hatte die Befugnis und die Macht, von Herrn Palin ein Ende seiner Kontakte mit den Untergebenen zu verlangen, aber sie versäumte es zu handeln."

Gefeuerter Polizist ist erleichtert

Die Palins hatten in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass sie sich nichts haben zu Schulden kommen lassen. Sie nannten einen "rogue trooper", der ihre Familie bedroht habe. "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass diese Anschuldigungen nicht angemessen waren und verdecken sollten, was die Palins eigentlich wollten: Trooper Wooten aus familiären Gründen zu feuern", schreibt Branchflower.

Der überparteiliche Ausschuss, der seine Arbeit nach der Entlassung Monegans aufgenommen hatte, nahm das 263 Seiten starke Dokument nach einer Marathon-Sitzung am Freitag einstimmig an. Mehr als 1000 weitere Seiten verschiedener Unterlagen, die während der Ermittlungen gesammelt wurden, bleiben unter Verschluss - sie enthalten Angaben zu persönlichen Angelegenheiten, wie der Ausschussvorsitzende, Kim Elton, sagte. Er glaube, dass diese Ergebnisse die Menschen in ihrer Wahlentscheidung beeinflussen könnten, sagte der Demokrat dem Nachrichtensender CNN.

Der gefeuerte Polizeichef Monegan gab in einem Interview mit der New York Times Erleichterung zu Protokoll. "Es hat sich offenbar bestätigt, dass Wooten ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Faktor in der Beendigung meines Arbeitsverhältnisses war."

Meg Stapleton, Sprecherin der republikanischen Kandidaten, sagte am Freitag, Palin werde bei den weiteren Ermittlungen kooperieren. Eine Befragung könnte nach den Worten von Palins Anwalt noch Ende Oktober anstehen - ein vergleichsweise ungünstiger Zeitpunkt, denn am 4. November wird gewählt.

Die Republikaner halten unterdessen daran fest, dass die Ermittlungen parteilich vorangetrieben worden sind - und zwar von den Demokraten und speziell von deren Präsidentschaftskandidaten Barack Obama.

Palin sei aber immerhin von dem Vorwurf einer ungerechtfertigten Kündigung freigesprochen worden, so Stapleton. Der Ausschuss in Alaska nehme sich zu ernst, meint sie. "Ihm fehlen die Beweise und die gesetzlichen Grundlagen - darum hat er schwer überreagiert."

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