Treffen in Russland:Erdoğan und Putin rufen "neue Epoche" aus

  • Recep Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin verkünden bei einem Treffen in Sankt Petersburg die Wiederherstellung der türkisch-russischen Beziehungen.
  • Es war die erste Begegnung der Präsidenten seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets an der syrisch-türkischen Grenze Ende November.
  • Wirtschaftsbeziehungen sollen nun rasch wieder aufgenommen werden.

Von Julian Hans, Moskau

Russland und die Türkei haben ihren zehn Monate dauernden Streit beigelegt und wollen anknüpfen an das gute Verhältnis vor dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei im November. Sie wollen Handel und Tourismus wieder in Gang bringen und in der Syrien-Frage nach gemeinsamen Wegen suchen. "Beide Seiten haben die Absicht, unsere Beziehungen wieder auf das Niveau zu bringen, das wir vor der Krise hatten, sogar noch höher", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin in Sankt Petersburg am Dienstag.

Nach Erdoğans Bekunden sollen Moskau und Ankara künftig eine "Achse der Freundschaft" bilden. Er selbst "und mein teurer Freund Wladimir Putin" seien einer Meinung, dass sie "das Potenzial unserer beider Länder für die Stabilität in der Region einsetzen müssen", erklärte Erdoğan mit Blick auf den Krieg in Syrien.

Recep Tayyip Erdogan, Vladimir Putin

Der türkische Präsident Erdoğan (links) und Russlands Staatschef Putin versöhnen sich.

(Foto: AP)

Die Türkei und Russland gehören bislang gegnerischen Lagern an: Ankara betrieb den Sturz des Diktators Baschar al-Assad und machte so seinen Anspruch als Regionalmacht geltend. Moskau stützt das Regime mit Luftschlägen und tritt als global agierende Großmacht auf. Große Sorgen machte Ankara, dass Moskau die Kurden in Syrien unterstützt, die gegen islamistische Rebellen kämpfen, zugleich aber Verbindungen zur Terrororganisation PKK unterhalten, die einen kurdischen Staat anstrebt.

Wirtschaftsbeziehungen sollen rasch wieder aufgenommen werden

Nachdem Erdoğan im Juni in einem Brief an Putin um Entschuldigung für den Abschuss des Kampfjets gebeten hatte, gab offenbar der Putschversuch in der Türkei vor vier Wochen den letzten Impuls zur Annäherung zwischen Ankara und Moskau. Das türkische Volk sei "glücklich", dass Putin der Türkei nach dem gescheiterten Staatsstreich seine Unterstützung zugesichert habe, sagte Erdoğan. Putin unterstrich, Russland vertrete prinzipiell die Position, jeden Versuch abzulehnen, "die verfassungsgemäße Ordnung zu stürzen". Ein Prinzip, das Moskau auch während des Arabischen Frühlings und der Ukraine-Revolution hochhielt, und das Putin auch in Bezug auf Syrien vertritt.

Nun sollen die Wirtschaftsbeziehungen rasch wieder aufgenommen werden. Sanktionen würden "schrittweise abgebaut", sagte Putin. Schon in den nächsten Tagen sollen wieder russische Touristen in die Türkei fliegen. Auch das Projekt einer Pipeline, die russisches Gas durchs Schwarze Meer in die Türkei bringen soll, wird wiederbelebt: "Turkish Stream wird umgesetzt", sagte Erdoğan. Ebenso das erste türkische Atomkraftwerk, das russische Ingenieure in Akkuyu am Mittelmeer bauen.

Dass Erdoğans erste Auslandsreise nach dem gescheiterten Putsch zu Putin führte, war im Westen als Abwendung von Europa und der Nato interpretiert worden. Dem widersprach die Bundesregierung: "Es ist gut, dass es nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs durch die Türkei im vergangenen Jahr wieder eine Annäherung gibt", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier der Bild. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern werde nicht so eng, "dass Russland der Türkei eine Alternative zur Sicherheitspartnerschaft der Nato bieten kann".

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