Treffen in Berlin:Merkel macht Macron Hoffnung auf Euro-Reform

Die Bundeskanzlerin sieht Chancen zu einer schnellen Einigung bei Bankenunion und Europäischem Währungsfonds.

Von Stefan Braun, Berlin

Nach Monaten des Stillstands bei der Reform der Europäischen Union und der Eurozone hat Bundeskanzlerin Angela Merkel dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron baldige Fortschritte in Aussicht gestellt. Die Kanzlerin machte dem Gast aus Paris bei einem gemeinsamen Auftritt am Donnerstag in Berlin Hoffnung auf eine schnelle Einigung auch bei bislang strittigen Themen wie einer Bankenunion und einem europäischen Währungsfonds (EWF). Sie betonte, Paris und Berlin seien sich einig, dass "die Eurozone noch nicht ausreichend krisenfest" sei.

Trotz unterschiedlicher Ideen habe man sich im Grundsatz darauf verständigt, künftig europäische Kriseninstrumente wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) stärker zu nutzen, um die Abhängigkeit vom Internationalen Währungsfonds zu verringern. Der ESM hilft überschuldeten Mitgliedstaaten der Eurozone durch Kredite und Bürgschaften.

Beim Ziel einer Bankenunion gab sich Merkel "sehr optimistisch". Und selbst zur Frage eines Einlagensicherungssystems sagte die Kanzlerin, Berlin sei bereit, "vielleicht nicht in unmittelbarer Zukunft, aber in einer ferneren Zukunft ein gemeinsames System" mitzutragen. Wichtig sei, dass "Haftung und Risiken" zusammengehalten würden. "Wir brauchen Debatten, wir brauchen offene Debatten, und am Ende brauchen wir die Fähigkeit zum Kompromiss." Nur so könne Europa "ein wichtiger Faktor in einer großen Welt sein".

Merkel sagte bei dem Auftritt in Berlin, es gebe zwar durchaus unterschiedliche Vorschläge beispielsweise für eine Reform der Euro-Zone. Trotzdem sei sie sehr zuversichtlich, dass bis zum Europäischen Rat im Juni wesentliche Weichen gestellt würden. "Wir haben festgelegt, dass wir bis Mitte des Jahres wichtige, zentrale Entscheidungen treffen wollen", sagte Merkel.

Optimistisch zeigte sich auch Präsident Macron. Er betonte, dass es für ihn nicht um "das eine oder andere Instrument" gehe, "sondern um das gemeinsame Ziel", so etwa, die Eurozone krisenfester zu machen. Dafür müssten Prinzipien wie Verantwortung und Solidarität klug verbunden werden - "eines funktioniert nicht ohne das andere". Dies gelte bei der Suche nach einem gerechten Asylsystem genauso wie bei der Bankenunion oder der Einlagensicherung.

Beide Politiker betonten die historische Bedeutung einer Einigung. Macron sagte: "Wir leben in einem Moment des europäischen Experiments, das wirklich einzigartig ist." Die gemeinsame Souveränität Europas werde durch Kriege und Handelskonflikte infrage gestellt. Zur gleichen Zeit würden auch im Inneren der Länder Zweifel geschürt, es entstünden "stark nationalistische Visionen". Merkel betonte, "die Neubegründung Europas" sei heute mehr als ein Friedensprojekt. "Es muss auch ein Projekt sein, das zeigt, dass wir unsere Interessen weltweit nur durchsetzen können, wenn wir europäisch zusammenarbeiten." Merkel und Macron kündigten für 19. Juni einen gemeinsamen Ministerrat an, um weitere Beschlüsse zur EU-Reform vorzubereiten.

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