Treffen der SPD-Granden:Lieber Gerhard, lieber Kurt Beck

Bei der Überreichung des "Quadriga"-Preises demonstrieren Altkanzler Schröder und SPD-Chef Beck Einigkeit. Der Streit über das Arbeitslosengeld scheint aus der Welt zu sein - für einen Moment.

Es schien kein Blatt zwischen sie zu passen. Schulter an Schulter saßen Kurt Beck und Gerhard Schröder am Mittwochabend in der Komischen Oper in Berlin. Nachdem der SPD-Chef als Laudator dem Alt-Kanzler den Preis "Quadriga" übergeben hatte, fielen sie sich schulterklopfend in die Arme.

Einen Streit über Becks Vorschlag, das Arbeitslosengeld I zu verlängern, sollte es geben? Wer die beiden um die Wette strahlen sah, konnte glauben, dass ein solcher lediglich von den Medien konstruiert worden war. In seiner Laudatio lobte Beck die Reformpolitik des "lieben Gerhards" in den höchsten Tönen und bekannte sich zur Agenda 2010.

Es sei ein Wagnis gewesen, die Zukunftssicherung des Staates nach den Versäumnissen der 80er und 90er Jahren anzugehen, erklärte er - und sah sich von Schröder geradezu eingeklemmt: Vor ihm saß der Altkanzler und Konstrukteur der Agenda 2010 leibhaftig, hinter ihm war das streng dreinblickende Konterfei seines Vorgängers als SPD-Chef auf einer Leinwand überlebensgroß abgebildet.

Der von Schröder eingeleitete Reformkurs sei "richtig und notwendig" gewesen, fuhr Beck fort. Überlegungen zur Weiterentwicklung dieser Ansätze seien nicht als Abkehr von Reformen zu verstehen sondern als Weiterentwicklung. Schröder, die Arme verschränkt, neigte seinen Kopf kaum merklich zur Seite.

Einfühlend, erfahren, loyal

Im Scheinwerferlicht nahm er, wie auf Kommando strahlend, den Preis - eine Auszeichnung, die nach Angaben des Veranstalters all jenen gewidmet ist, durch deren Mut Mauern fallen - aus Becks Händen entgegen. "Lieber Kurt Beck", sagte Schröder und gab sich als einfühlenden, erfahrenen, bisweilen gönnerhaft und über den Dingen stehenden Staatsmann.

Er wisse um die Verantwortung und die Schwierigkeiten, Vorsitzender der ältesten deutschen Partei zu sein. Er wisse auch, wie viel Loyalität man brauche und nicht immer habe. Seine habe Beck - weit über eine mögliche Kontroverse über das ein oder andere Detail hinaus.

"Diese Loyalität werde ich jedenfalls dem Vorsitzenden meiner Partei niemals aufkündigen." Er wünsche Beck "von ganzem Herzen" viel Erfolg. Zuvor hatte Schröder mehr oder weniger subtil auf seine eigenen Erfolge verwiesen. Wer Reformpolitik mache, weil er sie machen müsse, habe manchmal prinzipielle Schwierigkeit zu überwinden: Die Ungleichzeitigkeit zwischen Entscheidungen auf der einen Seite und den positiven Folgen der Entscheidung auf der anderen Seite.

Exakt in diese zeitliche Kluft könne demokratisch legitimierte Politik hineinfallen. "Und ich weiß wahrlich worüber ich rede", sagte er unter dem Beifall des Publikums. Auch sein enges Verhältnis zu Russland rechtfertigte Schröder, wo er sich mittlerweile als Lobbyist für den russischen Energiekonzern Gazprom seinen Ruhestand vergoldet: Wenn es gedeihliche Verhältnisse zwischen Russland und Deutschland gegeben habe, sei es dem europäischen Kontinent immer gut gegangen. Wenn dies nicht der Fall gewesen sei, dagegen "immer ganz, ganz schlecht".

Dann ging Schröder zurück auf seinen Platz, stellte die Quadriga-Statue auf den Boden - ohne Beck eines Blickes zu würdigen. Denn klar ist: Auch wenn Schröder sich öffentlich bislang nicht direkt zur Debatte über die Verlängerung des Arbeitslosengeldes geäußert hat - Änderungen dürften ihm nicht gefallen. Anfang der Woche hatte er gemahnt, auf jeden Fall an der Substanz der Agenda 2010 festzuhalten.

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