Treffen der Innenminister:Schulschwänzer und Rechtsextreme im Visier

Spielekonsolen in Kaufhäusern sollen am Vormittag künftig abgeschaltet bleiben. Damit wollen die Innenminister das Fernbleiben von der Schule reduzieren. Uneinigkeit zwischen den Parteien besteht über ein neues NPD-Verbot und über die Details bei der Online-Überwachung.

Schulschwänzer, Rechtsextreme und Terroristen haben die Innenminister von Bund und Ländern im Visier, wenn sie von diesem Mittwochabend an zu ihrem Frühjahrstreffen zusammenkommen. Im brandenburgischen Bad Saarow wollen sie über so unterschiedliche Themen wie Online-Durchsuchungen, Polizisten für Afghanistan und ein mögliches NPD-Verbot beraten.

Innenminister Spielekonsole Schulschwänzer AP

Weil Schulschwänzer ihre Zeit häufig vor Spielekonsolen in Kaufhäusern verbringen würden, sollen die Geräte am Vormittag künftig abgeschaltet bleiben.

(Foto: Foto: AP)

Dabei sind die Minister nicht immer auf einer Linie. Zwischen den SPD- und Unions-geführten Ländern gibt es seit längerem Streit über ein neuerliches Verbotsverfahren der rechtsextremen NPD. Die SPD hatte eine erneute Debatte über ein Verbot angestoßen, doch für die Ressortschefs der Union sei im Moment "ein Verbotsverfahren rechtlich und faktisch einfach nicht zu machen", sagte Hamburgs Innensenator Udo Nagel. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zurückhaltend. Sie würde einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot nur bei Aussicht auf Erfolg befürworten.

Ein früheres Verbotsverfahren war im Jahr 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil sich das Belastungsmaterial vor allem auf die Aussagen von V-Leuten stützte. Solange das Gericht seine Haltung in dieser Frage nicht ändere, sei ein neues Verbotsverfahren erfolglos, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Die SPD hatte sich bisher über die Bedenken der Union hinweggesetzt, am Montag ist jedoch ein internes SPD-Dossier aufgetaucht, in dem empfohlen wird, vor einem neuen Verfahren zunächst die V-Leute aus der NPD zu entfernen. Bei einem informellen Kamingespräch wollen die Innenminister in Bad Saarow nun über das NPD-Verbot beraten.

Bayern bei Auslandseinsätzen der Polizei unter Druck

Uneinigkeit zwischen den Ministern herrscht auch bei der Aufstockung des Einsatzes deutscher Polizisten im Ausland. Bisher stellten die Länder zwei Drittel und der Bund ein Drittel der Polizisten, die etwa beim Aufbau einheimischer Sicherheitskräfte in Afghanistan oder im Kosovo helfen. Die Bundesregierung strebt nun eine Erhöhung der Auslandskräfte an, doch schon bisher beteiligen sich manche Länder kaum oder gar nicht an den Einsätzen in Krisengebieten.

Laut Bayerns Innenminister Herrmann habe der Freistaat noch nie einen Beamten nach Afghanistan geschickt. "Ich habe nicht die Absicht, daran etwas zu ändern", sagte Herrmann. Bayern würde ohnehin genügend Polizisten in den Kosovo schicken. Die Innenminister der anderen Bundesländer wollen das jedoch nicht hinnehmen. Der Kosovo sei nicht mit einer Aufgabe wie in Afghanistan zu vergleichen. Ein Unions-Minister forderte am Dienstag Solidarität unter den Ländern.

SPD bei Online-Überwachung weiter vorsichtig

Bei der geplanten Online-Durchsuchung sind sich die Innenminister grundsätzlich einig, bei den Details sind jedoch harte Diskussionen zu erwarten. Die SPD fordert, Menschen, die online überwacht wurden, darüber nachträglich zu informieren. Dem kann die Union aber nur dann etwas abgewinnen, wenn sich der Verdacht gegen den Überwachten als haltlos herausgestellt hat.

Die SPD schließt auch das Betreten von Wohnungen zum Zwecke der Online-Datenerhebung weiterhin aus. Joachim Herrmann kann das nicht verstehen: "Hoffentlich entstehen dadurch nicht Sicherheitslücken, die wir später einmal bereuen." Generell behält sich die SPD-Bundestagsfraktion nach Worten ihres Innenexperten Klaus-Uwe Benneter einen Einspruch gegen den gesamten Entwurf vor. Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) warf der SPD vor, "der Bremser" in der Koalition zu sein.

Auf der Innenministerkonferenz wollen die Politiker außerdem den Schulschwänzern den Kampf ansagen. Sie werden über eine Reihe von Maßnahmen beraten, um gegen das Fernbleiben vom Unterricht vorzugehen. Schuleschwänzen könne der Beginn einer kriminellen Karriere sein, sagte der Hamburger Innensenator Nagel (parteilos).

Da Schulschwänzer ihre Zeit vormittags gerne vor Spielkonsolen in Kaufhäusern und Elektronikmärkten verbringen würden, sollen diese während der Unterrichtszeit künftig abgeschaltet bleiben. Die Minister wollen mit den Unternehmen vereinbaren, die Spielgeräte erst nach 15 Uhr einzuschalten. So soll gemeinsam mit 22 anderen Maßnahmen - darunter eine bessere Zusammenarbeit von Ämtern, Schulen, Polizei und Justiz - die Jugendkriminalität bekämpft werden.

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