Treffen der Außenminister in Vilnius:EU nähert sich gemeinsamer Position zu Syrien

"Keinen ernsthaften Zweifel" an Assads Verantwortung für einen Giftgas-Angriff in Syrien: Das steht im Entwurf für einen Sprechzettel der EU-Außenbeauftragten Ashton. Zur Stunde verhandeln die EU-Außenminister im litauischen Vilnius über eine gemeinsame Haltung in der Syrien-Krise. Die Gespräche verlaufen sehr ernsthaft - Außenminister Westerwelle hat seinen Aufenthalt bereits verlängert.

Von Cerstin Gammelin, Vilnius

Die europäischen Außenminister nähern sich einer gemeinsamen Haltung in der Syrien-Krise. Nach intensiven Beratungen am Samstagvormittag in Vilnius, an denen auch US-Außenminister John Kerry teilnahm, unternahmen die Minister einen weiteren Versuch, sich auf eine Linie zu verständigen.

In einem Entwurf für eine geplante Stellungnahme der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton heißt es nach Angaben von Diplomaten, es gebe "keinen ernsthaften Zweifel" an der Verantwortung des Regimes von Präsident Baschar al-Assad für den Einsatz von Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung. Dabei handele es sich um "einen schweren Bruch des Völkerrechts, der eine angemessene Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft erfordert".

In dem Textentwurf heißt es auch, jede Reaktion müsse das Urteil der UN-Chemiewaffeninspekteure Rechnung tragen. Der Bericht der UN-Inspekteure müsse im UN-Sicherheitsrat beraten werden. Zudem müsse in Erwägung gezogen werden, den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu beteiligen. In dem Entwurf für eine Erklärung unterstreichen die Europäer, dass es keine militärische Lösung für den Konflikt in Syrien gibt, sondern nur eine politische. Sie sind bereit, weiter humanitäre Hilfe zu leisten.

Die Beratungen dauerten am Mittag an. Bundesaußenminister Westerwelle (FDP) sagte Termine in Deutschland ab, um seinen Aufenthalt in Vilnius zu verlängern.

Vor dem Treffen der EU-Außenminister hatte Österreichs Außenminister Michael Spindelegger nach Angaben seines Sprechers vor einem Angriff des Westens gewarnt. "Jeder Einsatz von Chemiewaffen ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte Spindelegger. "Wir brauchen ein klares Signal. Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel."

Differenzen auf dem G-20-Gipfel

Die EU-Länder sind geteilter Meinung darüber, ob der Westen den mutmaßlichen Giftgaseinsatz von Assad mit einer militärischen Strafaktion beantworten soll. Während Frankreich auf der Linie der USA liegt, steht eine Reihe von anderen Staaten einem Militärschlag skeptisch gegenüber. Sie fordern besonders, zuerst einen UN-Bericht zu dem Chemiewaffen-Einsatz abzuwarten.

Bei einem Treffen der G-20-Staaten am Donnerstag und Freitag in Sankt Petersburg konnten sich die Teilnehmer nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Zwar veröffentlichte das Weiße Haus anschließend eine Erklärung zur Syrienkrise, doch auf diesem Papier fehlte die Unterschrift der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Unterzeichnet ist die Erklärung dagegen von den USA und zehn weiteren Staaten, darunter Großbritannien, Frankreich, Italien, die Türkei und Japan. Das Papier weist dem syrischen Regime die Verantwortung für den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen zu. Es müsse eine "klare Botschaft" ausgesandt werden, dass sich diese Art von Grausamkeit nie mehr wiederholen dürfe, heißt es darin.

Die USA machen Syriens Regierung von Präsident Baschar al-Assad für einen Giftgaseinsatz nahe der Hauptstadt Damaskus verantwortlich und sind zu einem Militärschlag auch ohne UN-Mandat bereit. US-Präsident Barack Obama könnte den Einsatzbefehl schon in der kommenden Woche geben.

Mit Material der Nachrichtenagenturen

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