Schmerzensgeld:Gefährliche Glastüre

Die Richter am BGH haben entschieden: Wenn ein Reiseveranstalter im Prospekt mit der "kindgerechten Ausstattung" eines Hotels wirbt, muss er die Konsequenzen eines möglichen Unfalls tragen.

Helmut Kerscher

Für Richter Klaus-Jürgen Melullis war der Fall so klar, dass er für die mündliche Begründung des Urteils nur wenige Sätze brauchte. Die Sätze bedeuteten den Eltern des verunglückten Mädchens so viel, dass sie spontan applaudierten: Das höchste Zivilgericht des Landes bestätigte, dass ihrer Tochter und damit auch ihnen Unrecht geschehen war.

Der Bundesgerichtshof bestätigte nun die Verurteilung des Reiseveranstalters ITS zur Zahlung von 25 000 Euro Schmerzensgeld wegen der schweren Verletzungen, die ihre Tochter durch die Splitter der Glasschiebetür eines Ferienappartments erlitten hatte.

Der X. Zivilsenat brauchte für sein Revisionsurteil nur ein einziges Argument. Der Reiseveranstalter habe im Prospekt mit einer "kindgerechten Ausstattung" des Hotels geworben. Wer so werbe, müsse die Konsequenzen eines solchen Unfalls tragen, sagte Mellulis. Der Veranstalter habe schuldhaft seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. (Az: X ZR 44/04)

Das Unglück geschah im August 1999, am Morgen des dritten Urlaubstags auf der Baleareninsel Menorca. Ein achtjähriges Mädchen wollte aus einem Ferienappartment nach draußen zu seinen Eltern laufen - und übersah die Glasschiebetür. Die Folgen waren verheerend. Die Tür aus Einfachglas zersplitterte, das Kind zog sich schwere Schnittverletzungen an Unterschenkeln und Füßen zu.

Körperliche und seelische Schmerzen

Auch wegen Fehlern bei der Erstversorgung in einem Krankenhaus musste das Mädchen in Deutschland weitere Operationen über sich ergehen lassen. Die Folge: Bewegungseinschränkungen sowie körperliche und seelische Schmerzen.

Vor Gericht ging es insbesondere um die Frage, ob die Schiebetür ausreichend gesichert war. Zum einen war sie möglicherweise trotz des dunklen Edelstahlrahmens nicht hinreichend erkennbar. Zum andern wurde gestritten, wer für die Verwendung des einfachen statt eines splitterfreien Glases haften sollte.

Zufällig hatte sich ein anderer BGH-Senat vor zwei Monaten mit der Notwendigkeit eines Sicherheitsglases befasst. Er entschied, dass bei der Vermietung einer Sozialwohnung kein Nachrüsten von Zimmertüren mit Sicherheitsglas verlangt werden könne, wenn dies nach den baurechtlichen Vorschriften nicht nötig sei. Für den Reiserechts-Senat des BGH kam es aber darauf nicht an.

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