Tödlicher Idealismus:Mut, bezahlt mit dem Leben

Weltweit stehen Menschen für die Freiheit ein. Werden bedroht, gefoltert, ermordet. Auch 2012 starben Menschenrechtsaktivisten, Dissidenten, Umweltschützer und Frauenrechtler im Einsatz. Ein unvollständiger Überblick.

Von Eileen Splitt

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SOMALIA-UNREST-ATTACK

Quelle: AFP

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Weltweit stehen Menschen für die Freiheit ein und werden deswegen bedroht, gefoltert und ermordet. Auch 2012 mussten Menschenrechtsaktivisten, Dissidenten, Umweltschützer und Frauenrechtler ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen. Ein unvollständiger Überblick über die getöteten Aktivisten 2012.

Trauernde bei der Beerdigung eines getöteten Journalisten in Somalia: Die Organisation "Reporter Ohne Grenzen" beziffert die Zahl der 2012 in Somalia getöteten Journalisten auf 18, doppelt so viele wie 2009. Viele von ihnen bezahlten mit dem Leben dafür, dass sie radikalen Islamisten trotzten. Die meisten von ihnen wurden Opfer gezielter Bombenattentate.

Ein Beispiel ist der im Februar ermordete Radiomoderator Abukar Hasan Mohamud Kadaf, ehemaliger Direktor der Radiostation Somaliweyn. Nachdem seine Radiostation 2010 von der islamistischen al-Shabaab-Miliz geschlossen wurde, engagierte sich Kadaf für eine Jugend- und Friedensorganisation. Für die Morde verantwortlich sind neben der al-Shabaab-Miliz auch lokale Staatsbeamte, die kritische Medien mundtot machen wollen.

Top Cambodian environmental activist shot dead

Quelle: dpa

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Im April wird der populäre kambodschanische Umweltaktivist und ehemalige Soldat Chut Wutty erschossen. Den Tathergang genau zu rekonstruieren ist allerdings schwierig, da Behörden keine Informationen herausgeben. Fest steht, dass Wutty in Begleitung zweier Journalistinnen in der Provinz Koh Kong illegalen Holzschlag fotografieren wollten, als sie von der Militärpolizei gestoppt wurden. Am Ende der Begegnung sind Wutty und ein Offizier der Militärpolizei tot.

Top Cambodian environmental activist shot dead

Quelle: dpa

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Der Aktivist setzte sich vor allem gegen illegale Abholzung der Wälder und Zwangsräumungen durch die Vergabe von Land-Konzessionen in Kambodscha ein. Die weitreichenden Lizenzen verkauft die Regierung vor allem an einheimische Geschäftsleute oder ausländische Investoren, um die Wirtschaft anzukurbeln. In den vergangenen zehn Jahren sind durch die Vergabe der Konzessionen mehr als 400.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden. Etwa 20 Prozent der Fläche Kambodschas gehört mittlerweile privaten Investoren. Gegen Aktivisten wie Chut Wutty gehen die Sicherheitskräfte mit übertriebener Härte vor. Einen Monat nach seinem Tod wurde ein 14-jähriges Mädchen erschossen, weil sie gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern gegen ihre Vertreibung protestiert hatte. Auf dem Gelände sollte eine Gummiplantage gebaut werden.

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Quelle: AFP

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Chinesische Demonstranten fordern die Aufklärung der genauen Todesumstände von Li Wangyang: Unter zweifelhaften Umständen wird im Juni der chinesische Demokratie-Aktivist tot in seinem Krankenhauszimmer aufgefunden.

Der Dissident saß 22 Jahre in Haft und kam erst 2011 frei; taub, blind und humpelnd. Das erste Mal in Haft musste Li Wangyang 1989, nachdem er Arbeiter im Zuge des "Tiananmen-Massakers" zum Streik aufgerufen hatte. Während der Haft trat er in den Hungerstreik und wurde gefoltert. Nach seiner Freilassung wandte er sich an die Justiz, um einen Teil der durch die Haft verursachten Arztkosten erstattet zu bekommen. Doch statt des Geldes erhielt der Menschenrechtsverteidiger weitere zehn Jahre Haft.

Nach Darstellung der chinesischen Behörden erhängte er sich in seinem Zimmer. Diese These wird jedoch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und seinem Umfeld glaubhaft angezweifelt. Sie bringen seinen Tod mit einem Interview in Zusammenhang, in dem der Aktivist anlässlich des Jahrestags der Demokratiebewegung erklärte, sein damaliges Verhalten nicht zu bereuen.

Pictures of Syria's President Bashar al-Assad and Syrian flags burn after being set on fire by Free Syrian Army fighters in Ouwayjah village in Aleppo

Quelle: REUTERS

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Im Kampf gegen das blutige Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad verlieren im Juni drei junge Studenten ihr Leben. Die beiden Medizinstudenten und ein Ersthelfer waren Teil eines medizinischen Versorgungsteams, das sich um verwundete und angeschossene Assad-Gegner kümmert. Sie arbeiteten in Feldlazaretten, da den Regimegegnern in staatlichen Kliniken Verfolgung, Folter und Mord durch Assad-Anhänger droht.

Nur eine Woche nach ihrer Verhaftung fand man ihre verkohlten Leichen. Insgesamt sind seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 laut UN-Angaben etwa 30.000 Menschen ums Leben gekommen.

KUBANISCHER DISSIDENT PAYÁ DARF NACH STRAßBURG REISEN

Quelle: DPA

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Mit Oswaldo Payá verliert Kuba im Juli einen seiner wichtigsten Bürgerrechtler. Der Dissident stirbt, als sein Auto aus bisher ungeklärten Umständen von der Fahrbahn abkommt und gegen einen Baum prallt. Neben Payá kommt auch sein Fahrer, ebenfalls ein kubanischer Dissident, ums Leben. Die beiden überlebenden Mitfahrer behaupten später, ein anderes Fahrzeug habe den Wagen mehrfach gerammt. Die kubanischen Behörden bestreiten die Vorwürfe. Ihre Version: Payá habe die Kontrolle über den Wagen verloren.

Für seine Demokratiebemühungen in Kuba erhielt Payá 2002 den Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments und galt mehrmals als aussichtsreicher Kandidat für den Friedensnobelpreis.

Brave former mayor who stood up to drug gangs kidnapped and killed

Quelle: masantos.com.mx/ Splash News

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Im November wird die ehemalige Bürgermeistern María Santos Gorrostieta tot neben einer Straße im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca aufgefunden. Ihre Leiche liegt unter Wahlplakaten begraben und weist Spuren extremer Gewalt und Misshandlung auf. Eine Woche zuvor wurde sie in Anwesenheit ihrer Tochter von Angreifern entführt. Schützend stellte sie sich vor ihre Tochter, die bei dem Überfall unverletzt blieb. Familie und Behörden gingen von einer Entführung mit Lösegeldforderung aus.

Die Politikerin war von 2009 bis 2011 Bürgermeistern der Stadt Tlacojalpan im Bundesstaat Michoacán, in Zentralmexiko. Während ihrer Amtszeit überlebte sie mehrere Attentate, bei einem verlor sie ihren ersten Ehemann. Trotzdem stellte sie sich offensiv gegen die Drogenkartelle in ihrer Stadt. Nach einem Angriff von Drogenkriminellen im 2011 ließ sie ihren geschundenen Körper sogar fotografieren und veröffentlichte die Bilder. Für ihren Mut bezahlte sie nun mit ihrem Leben.

Sie ist nicht die einzige Politikerin, die in den vergangenen Jahren der Drogenkriminalität in Mexiko zum Opfer fiel. Insgesamt wurden seit 2010 mindestens 21 Bürgermeister ermordet. In den meisten Fällen gehen die Behörden davon aus, dass sie wegen ihres Widerstands gegen Drogenbanden ermordet wurden.

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Quelle: AFP

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Afghanische Trauernde während der Beerdigung von Nadia Sidiqi: Zwei unbekannte Männer erschossen die Direktorin einer Frauenbehörde im Osten des Landes auf ihrem Weg zur Arbeit. Als sie die tödlichen Schüsse treffen, stieg die Frauenrechtlerin gerade in eine Rikscha. Nur fünf Monate zuvor hatte sie das Amt übernommen, nachdem bereits ihre Vorgängerin Hanifa Safi im Juli von einer Autobombe getötet worden war.

Obwohl Frauen in Afghanistan seit 2001 mehr Rechte eingeräumt wurden, nimmt die Gewalt gegen sie laut Menschenrechtlern weiter zu. Besonders berufstätige Frauen werden geächtet, bedroht und getötet. Menschenrechtsorganisationen befürchten eine deutliche Verschlechterung der Lage, wenn sich die Nato-Truppen 2014 zurückziehen.

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Quelle: AFP

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Doch nicht immer sind Angriffe auf Aktivisten erfolgreich. Im Oktober schießt ein Attentäter der 14-jährigen Malala Yousafzai in den Kopf, als sie gerade im Schulbus sitzt. Wenige Tage später bekennen sich die Taliban zu dem Mordanschlag. Malala wird schwer verletzt, überlebt jedoch wie durch ein Wunder. In den Tagen nach dem Attentat solidarisieren sich die Menschen mit Malala - sie gilt inzwischen als Ikone des zivilgesellschaftlichen Aktivismus.

© sz.de/esp/joku
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