Todesfall bei der Bundeswehr:Soldaten mussten vor Kollaps Zusatzmarsch absolvieren

Soldaten marschieren

Soldaten in der Grundausbildung marschieren über das Gelände der Marinetechnikschule in Parow in Mecklenburg-Vorpommern.

(Foto: dpa)
  • Nach einer Übung der Bundeswehr im niedersächsischen Munster waren mehrere Soldaten kollabiert. Einer von ihnen verstarb wenige Tage später.
  • Ein Bericht des Verteidigungsministeriums liefert nun neue Details zu dem Vorfall.
  • Die betroffenen Soldaten mussten kurz zuvor einen Zusatzmarsch absolvieren, der nicht im Dienstplan vorgesehen war.

Bei einem Marsch im niedersächsischen Munster kollabierten am 19. Juli vier Soldaten. Einer von ihnen starb später. Wie nun bekannt wurde, sollen die Soldaten kurz zuvor noch auf einen Zusatzmarsch geschickt worden sein. Das geht aus einem Zwischenbericht des Verteidigungsministeriums hervor. Mehr als 25 Soldaten mussten demzufolge bereits vor dem Marsch "eine Strecke von insgesamt ca. sechseinhalb Kilometern, streckenweise im Laufschritt" absolvieren. Die Übung sei nicht vorgesehen gewesen.

Bei dem Marsch war ein Soldat zusammengebrochen. Er verstarb wenige Tage später. Drei seiner Kameraden waren ebenfalls kollabiert. Einer von ihnen befindet sich noch immer in kritischem Zustand. Dem Zwischenbericht zufolge klagten insgesamt elf Soldaten im Zusammenhang mit der Übung.

Das Verteidigungsministerium dementiert illegale Aufputschmittel

Ein Presseoffizier hatte nach dem Vorfall erklärt, die Belastung während des Übungsmarschs sei moderat gewesen: Es habe eine mehrstündige Mittagspause mit Verpflegung und Getränken gegeben, zudem hätten die Soldaten wenig Gepäck tragen müssen.

Dem Zwischenbericht zufolge war die Belastung höher als gewöhnlich. Der verstorbene Soldat war dem Bericht zufolge bereits beim Zusatzmarsch auf dem Hinweg zur Kaserne kurz vor dem Ziel zusammengebrochen.

Nach ersten Untersuchungen hieß es, die Kollabierten hätten einen Hitzschlag erlitten. Wie es an einem mäßig warmen Tag dazu kommen konnte, blieb allerdings unklar. Dass illegale Aufputschmittel im Spiel waren, hat das Verteidigungsministerium inzwischen dementiert. Ein Soldat habe zwar ausgesagt, einen Energy Drink getrunken zu haben - ob das zu dem Hitzschlag beigetragen haben könnte, blieb aber offen.

Staatsanwaltschaft prüft fahrlässige Tötung

Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Lüneburg der Deutschen Presse-Agentur sagte, habe die Obduktion des Verstorbenen eine Sepsis gezeigt. Diese Blutvergiftung könnte das Multiorganversagen des Mannes ausgelöst haben. Bei einer Sepsis gerät eine Entzündung außer Kontrolle und die körpereigene Abwehr schädigt das eigene Gewebe. "Wie es dazu kommen konnte, müssen weitere rechtsmedizinische Folgeuntersuchungen zeigen", sagte die Sprecherin.

Acht Ausbilder und 35 Offiziersanwärter wurden vom Kompaniechef zu dem Fall vernommen. Der Kompaniechef leitet die internen Ermittlungen der Bundeswehr.

Auch die Staatsanwaltschaft in Lüneburg ist mit dem Fall befasst und prüft, "ob jemandem ein strafrechtlich relevanter Vorwurf zu machen ist, insbesondere ob möglicherweise fahrlässige Tötung oder fahrlässige Körperverletzung in Betracht kommen könnten", sagte die Sprecherin der Ermittlungsbehörde am Freitag.

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