Tod in Teheran:Atomforscher ermordet - Iran bezichtigt USA

Eine Bombe tötet den Nuklearwissenschaftler Massud Ali-Mohammadi. Iranische Medien wähnen die USA und Israel hinter dem Mord - und preisen den Professor als "Märtyrer".

Tod in Teheran: Der iranische Atomwissenschaftler Massud Ali-Mohammadi ist staatlichen Medienberichten zufolge bei einem Bombenanschlag vor seinem Haus in Teheran ums Leben gekommen worden.

Atomwissenschaftler Massud Ali-Mohammadi Mord Teheran Reuters

Helfer bergen die Leiche des Atomwissenschaftlers Massud Ali-Mohammadi

(Foto: Foto: Reuters)

Der Universitätsprofessor war auf dem Weg zur Arbeit, als er bei der Explosion eines ferngezündeten Sprengsatzes in den Tod gerissen wurde, wie der staatliche Fernsehsender Press TV berichtete. Die Bombe soll an einem Motorrad befestigt gewesen sein. Der amtlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge könnten noch weitere Menschen bei der Detonation getötet worden sein.

Der Tatort im Norden Teherans wurde zur Spurensuche von der Polizei abgeriegelt. Anwohner berichteten, dass ihnen untersagt worden sei, vor Ende der Untersuchung ihre Häuser zu verlassen.

Ein Sprecher des Teheraner Außenministerium sagte im staatlichen Fernsehen, es gebe Anzeichen dafür, dass die USA und Israel in den Vorfall verwickelt seien. Die beiden Länder und "deren Agenten" werden häufiger von Iran beschuldigt, in Attacken gegen das Land verstrickt zu sein, ohne dass allerdings Beweise für die Anschuldigung vorgelegt würden.

Auch iranische Medien haben den USA und Israel vorgeworfen, hinter dem Attentat zu stecken. "Als Folge der von zionistischen und amerikanischen Agenten gelegten Bombe wurden zwei Autos und ein Motorrad schwer beschädigt und die Fenster in den umgebenden Wohngebäuden zerstört."

Die Website "Tabnak" schrieb, für den Bombenanschlag seien vermutlich die Volksmudschahedin (PMOI) im Auftrag israelischer Agenten verantwortlich. "Tabnak" wird mit Mohsen Resai, einem Berater von Ayatollah Ali Chamenei und früheren Kommandeur der Revolutionsgarden in Verbindung gebracht. Die PMOI wiesen die Vorwürfe zurück und verurteilten den Anschlag auf Mohammadi.

Im Video: Universitätsprofessor in Teheran bei Bombenanschlag getötet. Weitere Videos finden Sie hier

Ob der 50-Jährige mit dem umstrittenen iranischen Nuklearprogramm in Verbindung stand, war zunächst nicht bekannt. Zu seinen politischen Positionen gibt es widersprüchliche Angaben. Laut Press TV hatte er die iranische Revolution 1979 unterstützt, er galt offenbar als regimetreu. Auch andere Quellen bezeichneten ihn als Mann des Regimes.

"Revolutionärer Professor"

Im Staatsfernsehen hieß es, der "revolutionäre Professor" sei als "Märtyrer" in einem von "Konterrevolutionären und Elementen der weltweiten Unterdrückung" verübten Anschlag getötet worden. Die Art der Explosion deute möglicherweise auf eine Urheberschaft der Volksmudschahedin hin. Die Nachrichtenagentur Bora News nannte Mohammadi einen "hochrangigen Atomwissenschaftler".

Die Nachrichtenagentur AP bezeichnete Ali-Mohammadi hingegen als "oppositionsnah". Der Atomforscher habe sich bei der Präsidentenwahl im Juni offen für Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi ausgesprochen. Sein Name sei vor der Abstimmung auf reformorientierten Websites zusammen mit denen von rund 240 Hochschullehren erschienen, die den Herausforderer von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad unterstützten.

Ali-Mohammadi ist nicht der erste iranische Nuklearwissenschaftler, dem Mysteriöses widerfährt: Im Juni verschwand ein Kernforscher während einer Pilgerreise nach Mekka. Bis heute ist ungeklärt, ob Schahram Amiri verschleppt wurde oder übergelaufen ist. Das iranische Außenministerium warf dem Westen vor, in seine Entführung verwickelt zu sein. Im Jahr 2007 starb ein iranischer Atomwissenschaftler an einer Gasvergiftung. Sein Tod wurde erst nach einer Woche publik gemacht, Spekulationen über eine Beteiligung des israelischen Geheimdienstes wurden laut.

Die iranische Atompolitik wird im Westen mit Argwohn betrachtet. Vorwürfe, das Land strebe nach Atomwaffen, werden von der Regierung in Teheran stets zurückgewiesen. Iran erlebt derzeit eine der schwersten innenpolitischen Unruhen seit der Islamischen Revolution 1979.

Hintergrund sind gewaltsame Proteste der Opposition, die von Fälschungen bei der Präsidentenwahl im Juni spricht. Die iranische Regierung wirft der Opposition Verbindungen zum Ausland vor.

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