Tod eines griechischen Jugendlichen:Polizisten angeblich entlastet

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Die Umstände des Todes eines 15-Jährigen, die in Griechenland zu heftigen Krawallen führten, soll aufgeklärt sein. Ein ballistisches Gutachten kam zu dem Ergebnis: Er starb durch einen Querschläger.

Der in Griechenland durch eine Polizeikugel getötete 15-jährige Alexandros Grigoropoulos wurde offenbar von einem Querschläger tödlich getroffen. Das habe die Autopsie der Leiche ergeben, hieß es am Mittwoch aus Justizkreisen. Demnach ist die Kugel "ein bisschen verformt, was darauf hinweist, dass sie auf einen harten Untergrund prallte", bevor sie in die Brust des Opfers einschlug.

Ein Querschläger soll für seinen Tod verantwortlich sein: Alexandros Grigoropoulos starb mit nur 15 Jahren durch eine Polizeikugel. (Foto: Foto: Reuters)

Ein ballistisches Gutachten stütze die Angaben der Beamten, dass sie Warnschüsse abgegeben und nicht direkt auf den Jugendlichen gezielt hätten, teilte ein Anwalt der beiden Polizisten, Alexis Cougias, mit. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.

Zwei Polizisten sitzen wegen der tödlichen Schüsse in Untersuchungshaft. Dem Schützen wird vorsätzliche Tötung, einem weiteren Beamten Mittäterschaft vorgeworfen. Der Tod des Jugendlichen hat in Griechenland zu den schwersten Unruhen seit Jahrzehnten geführt.

Vorbei an ausgebrannten Geschäften

Nach viertägigen Unruhen legt an diesem Mittwoch ein Generalstreik Griechenland lahm. Zudem kam es wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen. Etwa 100 Randalierer warfen Brandsätze auf Polizisten vor dem Parlamentsgebäude in Athen. Die Polizei feuerte Tränengas in die Menge. Die Demonstranten warfen daraufhin Steine und Flaschen auf die Beamten.

Am Vormittag waren etwa 10.000 Demonstranten an ausgebrannten Geschäften in der Athener Innenstadt vorbei zum Parlament gezogen. Arbeiter skandierten in Sprechchören Parolen gegen die Regierung. Im Laufe des Tages ist eine Kundgebung geplant, zu der die beiden größten Gewerkschaften aufgerufen haben.

Die Protestaktion richtet sich gegen die Wirtschaftspolitik der konservativen Regierung von Ministerpräsident Kostas Karamanlis. "Die Teilnahme an dem Streik ist umfassend", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft GSEE, "das ganze Land steht still."

Der Generalstreik war bereits vor den Unruhen angesetzt worden, die nach dem Tod eines Jugendlichen durch die Schüsse eines Polizisten am vergangenen Samstag begangen. Die Unzufriedenheit der Menschen mit der Regierung und ihr Ärger über die hohe Arbeitslosigkeit und Armut hatte sich in den vergangenen Tagen in einer Welle der Gewalt entladen.

Die beiden größten Gewerkschaften hatten zuvor einen Appell von Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis zurückgewiesen, angesichts der angespannten Lage den Protest abzusagen. In Athen waren Notdienste organisiert, befürchtet wurden erneute Ausschreitungen.

Vernagelte Fenster, zerstörte Telefonzellen

Der Internationale Flughafen von Athen wurde geschlossen, auch der öffentliche Nahverkehr und andere Einrichtungen waren betroffen. Mit dem Streik wollen die Gewerkschaften ihren Forderungen nach höheren Löhnen und einer stärkeren staatlichen Unterstützung für einkommensschwache Familien Nachdruck verleihen.

In Athen blieben viele Geschäfte geschlossen. Ihre Inhaber vernagelten die Fenster, um weitere Schäden durch Randalierer zu verhindern. Bushaltestellen und Müllcontainer sind schwarz von den Brandschatzungen, Telefonzellen zerstört, Autos ausgebrannt. An vielen Häusern gibt es Feuerspuren. Der Schaden der Gewaltwelle beträgt Dutzende Millionen Euro.

Die Opposition fordert inzwischen den Rücktritt von Karamanlis, dessen Regierung im Parlament nur die hauchdünne Mehrheit von einer Stimme hat. "Die Regierung kann die Krise nicht bewältigen, und sie hat das Vertrauen des griechischen Volkes verloren", erklärte der sozialistische Parteichef Georgios Papandreou. Er machte politische Fehlentscheidungen und Versäumnisse für die Unruhen verantwortlich.

Auch am Dienstagabend war es in Athen und anderen griechischen Städten wieder zu schweren Zusammenstößen zwischen Autonomen und der Polizei gekommen. Vermummte Jugendliche zogen die vierte Nacht in Folge durch die Innenstädte und zündeten Barrikaden an, plünderten Geschäfte und warfen Scheiben ein. In der westgriechischen Stadt Patras griffen Randalierer am Abend Polizeiwachen mit Molotow-Cocktails und Steinen an.

Zuvor war es bereits bei der Trauerfeier für den getöteten 15-Jährigen in Athen zu heftigen Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei gekommen. Der Tod des Jugendlichen am Samstag war der Auslöser für die schlimmsten Krawalle seit einem Vierteljahrhundert in Griechenland.

Insgesamt seien am Dienstag in Athen mehr als 40 Personen festgenommen worden, teilten die Behörden mit. Sieben Polizisten wurden demnach verletzt. Über verletzte Zivilisten lagen keine Zahlen vor.

Nach Mitternacht beruhigte sich die Situation in der griechischen Hauptstadt wieder, wie die Polizei mitteilte. Viele der Randalierer zogen sich in die Universität zurück, zu der die Polizei aus historischen Gründen keinen Zutritt hat.

© AFP/AP/Reuters/gal/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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