Tibet:Peking lässt Diplomaten nach Lhasa reisen

Nach einer Gruppe handverlesener Journalisten dürfen nun auch ausländische Diplomaten unter Aufsicht in die Krisenregion Tibet reisen, darunter ein Deutscher. Tibetische Mönche, die am Donnerstag bei einer Pressekonferenz demonstrierten, sollen angeblich nicht bestraft werden.

Eine Gruppe westlicher Diplomaten ist am Freitag zu einer von Chinas Regierung organisierten Reise nach Tibet aufgebrochen. Die ranghohen Diplomaten aus 17 Botschaften besuchen am Freitag und Samstag Lhasa, um sich ein Bild von der Lage nach den Unruhen zu machen. Es nehmen Vertreter Deutschlands, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Australiens und Italiens teil.

Tibet: Tibetische Mönche konnten bei der organisierten Lhasa-Reise für ausländische Journalisten am Donnerstag in eine Pressekonferenz eindringen

Tibetische Mönche konnten bei der organisierten Lhasa-Reise für ausländische Journalisten am Donnerstag in eine Pressekonferenz eindringen

(Foto: Foto: Reuters)

Die Diplomaten waren eigenen Angaben zufolge erst am Donnerstagabend über die anstehende Tour unterrichtet worden. Das US-Außenministerium sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung". Die Visite in Lhasa sei aber "kein Ersatz" für Besuche von Diplomaten "und anderen" vor allem in den tibetisch bewohnten Unruhegebieten außerhalb der Hauptstadt Tibets.

Diese Regionen sind für Diplomaten und Journalisten gesperrt. "Wir werden weiterhin auf einen freien und vollständigen Zugang zu den betroffenen Gebieten drängen", sagte ein Sprecher des US- Außenministeriums.

Erst am Mittwoch waren 26 ausgewählte ausländische Journalisten im Zuge einer von Peking veranstalteten Reise für drei Tage nach Lhasa gefahren. Die chinesische Regierung hat ausländischen Journalisten seit dem Beginn der Unruhen in Lhasa vor gut zwei Wochen den Zugang zur autonomen Provinz Tibet verwehrt und die Berichterstattung westlicher Medien über die Ereignisse als nicht den Fakten entsprechend kritisiert.

Unklarheit über Schicksal der Mönche

Die Störung einer Pressekonferenz durch eine Gruppe Mönche soll nach chinesischen Angaben jedoch keine strafrechtlichen Folgen für die Beteiligten haben. Das sagte der stellvertretende Vorsitzende der von China kontrollierten autonomen Region Tibet, Baema Chilain, der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge. Etwa 30 Mönche waren am Donnerstag in Lhasa in die Pressekonferenz für die ausländischen Journalisten eingedrungen. Allerdings dürften die Fakten nicht verfälscht werden.

"Was die Mönche gesagt haben, ist nicht wahr. Sie haben versucht die Weltmeinung in die Irre zu führen", sagte Chilain. Die Geistlichen hatten bei dem Zwischenfall China im Tibetkonflikt der Lüge bezichtigt. So wiesen sie Vorwürfe zurück, ihr Oberhaupt, der Dalai Lama, habe zu den jüngsten Protesten gegen die chinesische Herrschaft in der Himalaya-Region angestiftet.

Tibet-Aktivisten befürchten hingegen Vergeltungsmaßnahmen chinesischer Behörden. "Es gibt ernsthafte Befürchtungen bezüglich des Wohlergehens und Verbleibs" der 30 Mönche, erklärte die Internationale Kampagne für Tibet.

Der friedliche Protest der Mönche habe den Plan der Behörden durchkreuzt, die Lage in Lhasa nach den kürzlichen Demonstrationen und Unruhen als unter Kontrolle darzustellen, hieß es weiter.

Exilregierung: Weltweite Geldgier verhindert Solidarität mit Tibet

Die tibetische Exilregierung hat unterdessen die geringe internationale Unterstützung im Konflikt mit China scharf kritisiert. Der Regierungschef der Exilregierung, Samdhong Rinpoche, macht den Kapitalismus in seinem weltweiten Profitstreben dafür verantwortlich, dass die Tibeter weitgehend auf sich allein gestellt seien.

"Niemand kann es sich leisten, China zu verärgern", sagte Rinpoche im indischen Dharamsala. Der Westen halte China für einen "unbegrenzten Markt". Zwar liege Tibet dem Ausland am Herzen, aber die einmaligen wirtschaftlichen Aussichten im Riesenreich China wögen schwerer. "Wir müssen dies erkennen (...) Die Kapitalisten unterstützen Chinas monolithisches totalitäres System", sagte Rinpoche. Die Geldgier habe zu einem weltweiten "Verlust an menschlicher Moral" geführt.

Der buddhistische Mönch hob auch die Unterschiede zwischen den am 10. März in Lhasa ausgebrochenen Protesten und bisherigen Aufständen in Tibet hervor. "Heute kann ich Menschen durch Mobiltelefone rufen hören. So verbreiten sich Informationen schneller", sagte Rinpoche. Deshalb sei es schwieriger für Peking geworden, im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele sein Bild im Ausland zu kontrollieren.

Die anti-chinesischen Proteste in Tibet hatten am 49. Jahrestag eines tibetischen Aufstandes gegen die chinesische Regierung begonnen und waren vier Tage später eskaliert. China verstärkte seine Sicherheitskräfte in der autonomen Provinz massiv und ging hart gegen die Demonstranten vor. Dabei wurden nach Angaben der tibetischen Exilregierung rund 140 Menschen getötet. Die chinesische Regierung spricht von 19 Toten.

Exil-Tibeter besetzen UN-Gebäude in Kathmandu

18 Exil-Tibeter kletterten am Freitag in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu über die Mauern einer UN-Einrichtung. Weitere 60 Demonstranten wurden vor dem Areal festgenommen, wie die Polizei mitteilte.

Die 18 Tibeter in dem UN-Gelände trugen tibetische Fahnen und Plakate mit der Aufschrift "Befreit Tibet". Nepal hat Demonstrationen gegen das chinesische Vorgehen in Tibet mit der Begründung verboten, es könne keine Proteste gegen befreundete Nationen zulassen. Die Polizei umstellte das UN-Gelände und sperrte es ab. Auch Journalisten wurden nicht durchgelassen.

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