Thüringen:Wechsel im Reformhaus

Nach vielen Querelen wird Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger entlassen. Nachfolger wird der bisherige Wirtschaftsstaatssekretär Georg Maier.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Das zähe Ringen um eine Gebietsreform in Thüringen hat Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) das Amt gekostet. Er hatte seit Monaten wegen der Verzögerungen bei dem Prestige-Vorhaben der rot-rot-grünen Landesregierung in der Kritik gestanden und sollte wegen der Probleme auf Drängen der Linkspartei einen Staatssekretär an die Seite gestellt bekommen. Die SPD hatte das Vorschlagsrecht für diesen neuen Posten eingefordert und sich dann beim Gebrauch desselben blamiert. Die Ankündigung, mit Harald Zanker den Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises zum Staatssekretär zu berufen, war nicht allein von der Opposition kritisiert worden. Zanker sei der Großaufgabe nicht gewachsen, hieß es. Schließlich sagte dieser nach seiner Nominierung umgehend selbst ab. Darüber in die Kritik geriet auch Thüringens SPD-Vorsitzender Andreas Bausewein, der mit dem nun Ex-Innenminister Poppenhäger befreundet ist und die Entlassung desselben am Mittwoch als "eines der schwierigsten Gespräche meines Lebens" bezeichnete. Die letzten Wochen seien eine Katastrophe gewesen. In der Entlassung Poppenhägers sehen Beobachter auch einen Versuch Bauseweins, sein Amt zu verteidigen.

Nach vielen Streitereien auch in den Kommunen und einer juristischen Niederlage vor dem Verfassungsgericht war die ursprünglich für 2018 geplante Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform erst kürzlich um drei Jahre und damit auf die Zeit nach der nächsten Landtagswahl (2019) verschoben worden. Der Koalitionsausschuss von Linke, SPD und Grünen hatte beschlossen, bis zu dieser Wahl in zwei Etappen freiwillige Fusionen von Gemeinden zu unterstützen und gesetzliche Grundlagen für die Reform zu schaffen. Diese gilt nicht nur Ministerpräsident Bodo Ramelow als "dringend notwendig". Schon heute sind die Verwaltungskosten in Thüringen hoch. Der demografische Wandel wird dieses Problem noch verschärfen, sollten die Strukturen der Gemeinden und Kreise nicht angepasst werden. Das von der rot-rot-grünen Koalition beschlossene Leitbild für die Reform sieht vor, dass in Landkreisen in Zukunft mindestens 130 000 Menschen leben, in kreisfreien Städten 100 000, in Gemeinden 6000.

Gegen diese Details und andere bislang konkret vorgebrachten Pläne gab es zum Teil erheblichen Widerstand aus der Bevölkerung wie auch von Kommunalpolitikern. Selbst sechs Landräte von SPD und Linke stellten sich gegen die Pläne der Landesregierung, in der es wiederum selbst größeren Streit über die Reform gab. So hatte die Linke schon länger auf einen Rücktritt des Innenministers gedrungen. Auf Poppenhäger, der vor seiner Ernennung 2014 als Justizminister der Vorgängerregierung angehört hatte, folgt im Amt des Innenministers nun Georg Maier, ebenfalls SPD und bislang Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Maier sagte, die Gebietsreform sei "ein gutes Produkt", das er nun gut verkaufen wolle. CDU-Landeschef Mike Mohring wiederum kritisierte, die Koalition sei "zerstritten und personell ausgezehrt". Mohring forderte Ramelow im Landtag auf, die Vertrauensfrage zu stellen.

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