Theresa May:Aus Verzweiflung

Die britische Premierministerin bittet jetzt schon bei Labour um Hilfe. Wie lange kann das denn gut gehen?

Von Christian Zaschke

Theresa May bittet ein Jahr nach ihrem Amtsantritt die Labour-Partei um Zusammenarbeit - das ist wohl das deutlichste Zeichen dafür, wie schwach die Position der Premierministerin geworden ist. Prinzipiell ist es eine gute Idee, wenn die Parteien im Unterhaus in Anbetracht der Mammutaufgabe Brexit kooperieren und einen Austritt aus der EU bewerkstelligen, der nicht nur den harten Europaskeptikern zupasskommt. Zudem ist der Kompromiss das Wesen der Politik, insofern haben ihre Verbündeten recht, wenn sie sagen, es handele sich um eine "erwachsene Herangehensweise".

Jedoch sind zwei Punkte zu beachten. Zum einen ist eine Zusammenarbeit in der Praxis kaum vorstellbar. Mays Konservative sind stark nach rechts gerückt, Jeremy Corbyns Labour-Partei hat sich weit nach links bewegt. Zum anderen ist Mays politische Laufbahn gerade nicht von Kooperation geprägt gewesen. Nicht einmal mit ihrer eigenen Partei mochte sie bis vor Kurzem zusammenarbeiten, sondern igelte sich mit einem kleinen Kreis von Beratern ein. Wenn sie nun Öffnung, Debatte und Kompromiss in Aussicht stellt, widerspricht das ihrer politischen Natur.

May droht in ihrer Partei jederzeit eine Revolte. Dass sie nun den Konsens mit Labour sucht, ist der Versuch, sich durchzuwurschteln, um an der Macht zu bleiben. So vernünftig ihr Vorschlag klingen mag: Er entspringt der Verzweiflung.

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