Thailand:Wahllos

Thailand: Bitte recht freundlich: Potenzielle Wähler posieren mit Hanuman, einem eigenen Maskottchen für die Abstimmung.

Bitte recht freundlich: Potenzielle Wähler posieren mit Hanuman, einem eigenen Maskottchen für die Abstimmung.

(Foto: Lillian Suwanrumpha/AFP)

Die Junta lässt ein Referendum abhalten, doch von einer Rückkehr zur Demokratie halten die Generäle nicht viel. Sie wollen ihre Macht zementieren.

Von Arne Perras, Singapur

Nun lassen die Generäle sogar die Elefanten antreten. In die Schlacht wie einst bei Hannibal ziehen sie zwar nicht, aber auch in Thailand hat das Militär die Dickhäuter in ihren Dienst gestellt, um zu siegen. Die majestätischen Tiere sollen für das Referendum an diesem Sonntag werben, dessen Scheitern den regierenden Soldaten einen herben Schlag versetzen würde. Also lassen sie schon mal Elefanten an den Ampeln aufmarschieren, die Werbe-Flugblätter mit ihrem Rüssel durch die Windschutzscheibe reichen. Wer könnte so einer Darreichung schon widerstehen, zumal die hochverehrten Tiere als der "Schatz Thailands" gelten. Die Generäle lassen nichts unversucht, um die Volksabstimmung über eine neue Verfassung in einen Erfolg für das Militär zu verwandeln.

Ob der Charme der Elefanten die verbreiteten Zweifel aufwiegen kann? Wie das Referendum ausgehen wird, lässt sich in einem Land, das viele seiner politischen Freiheiten eingebüßt hat, nur schwer ab-sehen. Die Generäle, die sich im Frühjahr 2014 an die Macht putschten, unterdrücken eine offene Auseinandersetzung über die Zukunft. Sie wollen mit diesem Votum einen Verfassungsentwurf durchdrücken, durch den sich das Volk weitgehend selbst entmachten würde. Künftige Wahlen verlieren damit an Bedeutung. Denn das Militär will die 250 Mitglieder des Senats bestimmen, es könnte so seine maßgebliche politische Kontrolle konstitutionell verankern, während es zugleich die tragende Rolle der Parteien aushebelt. Die Parlamentarier des Unterhauses stünden damit unter starker Aufsicht der Generäle, und ein weiterer Plan sieht sogar vor, dass die vom Militär handverlesenen Senatoren künftig einen Premierminister mitwählen können. Auch über diesen Vorschlag sollen die Thailänder abstimmen.

Selbst eingefleischte Royalisten und Unterstützer des Militärs lehnen den Entwurf ab

Kritiker bemängeln, dass der versprochene Weg zurück zur Demokratie nur Augenwischerei wäre, wenn diese Verfassung in Kraft tritt. Selbst manche der eingefleischten Royalisten, deren Lager der Armee sehr nahesteht, lehnen den Entwurf nun ab. Der frühere Premier und Führer der Democratic Party, Abhisit Vejjajiva, sagte vor der Abstimmung: "Lasst das Volk teilhaben an der Gestaltung der Zukunft unseres Landes. Ich sehe nicht, dass diese Verfassung in diese Richtung strebt".

Aus Sicht des Militärs hätte die Schwächung der Parteien den Vorteil, dass die Generäle nicht jedes Mal neu putschen müssten, um "Ordnung zu schaffen", wie das die Armee in Zeiten politischer Turbulenzen nennt. Die Vorherrschaft der Soldaten wäre damit auf lange Sicht festgezurrt. Die Generäle locken die 50 Millionen Wahlberechtigten Thailänder vor allem mit der Aussicht, dass eine Annahme der neuen Verfassung baldige Wahlen ermöglichen wird. Außerdem versprechen jene, die am Entwurf mitgearbeitet haben, dass er eine "saubere Regierung" befördere und die Korruption eindämme. Weil es öffentlich aber nicht möglich war, über den Entwurf frei zu diskutieren und Kritiker damit rechnen müssen, eingesperrt zu werden, fällt es vielen schwer, sich ein genaues Bild von den Vorschlägen zu machen.

Manche Thailänder könnten alleine schon deshalb mit Ja stimmen, weil das zumindest den Weg zu einem Wahltermin Ende 2017 ebnet, während ein Nein die Unsicherheit über die Zukunft des Landes noch verstärken dürfte. Womöglich betrachten manche ein Ja als kleineres Übel. Denn das Militär wird sich bei einem Nein nicht freiwillig aus der Politik zurückziehen, vielleicht die Zügel noch straffer ziehen.

"Alle Seiten spielen in dieser Krise auf Zeit", sagt der Analyst Patrick Jory von der University of Queensland. Hinter allem stehe die Frage, wie sich die Machtverhältnisse in einer Ära nach König Bhumibol Adulyadej entwickeln. Der 88-jährige Monarch ist schwer krank. Königsnahe Eliten und das Militär befürchten, dass ihre Gegner, vor allem Anhänger des ins Exil geflüchteten Milliardärs Thaksin Shinawatra, nach einem Thronwechsel die Oberhand gewinnen und die traditionellen Eliten zurückdrängen könnten. Die Partei des Thaksin-Clans stützt sich auf Zulauf aus den ärmeren Schichten auf dem Land, sie hat wiederholt bei nationalen Wahlen die Mehrheit erobert. Das Militär intervenierte vor zwei Jahren, um das tief gespaltene Land nach monatelangen Protesten der Royalisten wieder zusammenzuführen, doch die Ruhe ist erzwungen. Die Armee herrscht eisern und verpasst allen einen Maulkorb. Yingluck Shinawatra, Schwester von Thaksin und gestürzte Premierministerin, hat den Entwurf dennoch kritisiert: "Eine Verfassung soll die Rechte des Volkes anerkennen, sie soll eine Machtgleichgewicht herstellen und eine Lösung für dieses Land suchen", teilte sie mit.

General Prayuth Chan-ocha, der sich mit dem Putsch das Amt des Premiers gesichert hat, lässt 200 000 Sicherheitskräfte aufmarschieren, damit es am Sonntag nicht zu Unruhen kommt. "Ich mache mir keine Sorgen", sagt er. Falls die Thailänder mit Nein stimmen wird er es wohl mit einem weiteren Entwurf versuchen. So schnell gibt einer nicht auf, der sich zum Retter der Ordnung in Thailand aufgeschwungen hat.

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