Thailand: Unruhen in Bangkok:Am Rande des Bürgerkriegs

Die Gewalt in Thailands Hauptstadt Bangkok eskaliert. In der von Rebellen besetzten Zone wird "scharf geschossen". Während die Zahl der Toten steigt, droht Regierungschef Abhisit den Rothemden.

Thailand blickt in einen Abgrund voller Gewalt. Der Machtkampf zwischen Oppositionellen und Regierung in Bangkok eskaliert mehr und mehr zu einem Bürgerkrieg. Die Armee erklärte das Areal um das von Regierungsgegnern besetzte Geschäftsviertel zu einer Zone, in der "scharf geschossen wird".

Unruhen in Bangkok, Thailand, getty

Tote und Verletzte in den Straßen Bangkoks: Die Auseinandersetzungen zwischen Rothemden und der Polizei und Armee in Thailands Hauptstadt sind eskaliert.

(Foto: Foto: getty)

Trotz einiger Todesfälle hat der thailändische Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva seine Entschlossenheit bekräftigt, das Protestcamp der Opposition in der Hauptstadt Bangkok aufzulösen. "Es ist entscheidend, dass wir nicht umkehren und denen, die das Gesetz verletzen und bewaffnete Kämpfer aufstellen, erlauben, die Regierung einzuschüchtern", sagte Abhisit am Samstag in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache. Trotz der Trauer über eine "große Anzahl" von Todesfällen bei der Konfrontation würden die Sicherheitskräfte ihren Einsatz fortsetzen. Dieser sei "höchst angemessen" und darauf gerichtet, "den Frieden im Land wiederherzustellen".

Unterdessen steigt die Zahl der Toten immer weiter. Bei Straßenkämpfen zwischen oppositionellen Demonstranten und der Armee waren am Samstag nach Angaben von Rettungskräften acht Menschen getötet und knapp 50 weitere verletzt worden. Seit Beginn des Einsatzes gegen das mit Barrikaden aus Bambusstöcken, Autoreifen und Stacheldraht umgebenen Protestcamp kamen damit mindestens 24 Menschen ums Leben.

Abhisit sagte in seiner Rede, unter die Demonstranten hätten sich bewaffnete "Terroristen" gemischt. Solange die oppositionellen Rothemden ihre Versammlungen fortsetzten, wären "die Terroristen weiter da, um die staatlichen Behörden und die Demonstranten anzugreifen". Sie dürften aber nicht die "Bangkoker als Geiseln" nehmen.

Tausende Soldaten haben inzwischen einen Ring von Straßensperren um das Geschäftsviertel errichtet, um zu verhindern, dass Sympathisanten die Reihen der eingeschlossenen Demonstranten verstärken. Auch Zivilisten und Journalisten dürfen das besetzte Viertel nicht mehr betreten.

"Wir wollen nur Demokratie"

Hinter den Absperrungen waren immer wieder Gewehrsalven zu hören. Von weitem war Rauch zu sehen, einzelne Barrikaden standen in Flammen. "Wir haben Pläne für eine Razzia, wenn die Proteste nicht aufgelöst werden", warnte der Einsatzleiter im Krisenzentrum, Sansern Kaewkamnerd. Er hat Strom und Wasser in dem Viertel abstellen lassen und lässt keine Lastwagen mit Nahrungsmitteln und Getränken mehr passieren.

Die Rothemden forderten "einen Waffenstillstand". "Wir wollen nur Demokratie", rief einer der Anführer.

Mehrere tausend Rothemden haben sich hinter Barrikaden aus Autoreifen und Zäunen mit scharfen Bambusstangen verbarrikadiert. Die Zahlen über ihre Stärke gehen auseinander: Sicherheitskräfte schätzten sie am Samstag auf bis zu 8000, das Oppositionsbündnis UDD selbst sprach von 15.000. Die UDD will nicht aufgeben. Auch die Regierung hat eine Kapitulation ausgeschlossen.

Die Regierung betonte unterdessen, dass die Soldaten nur schießen, um ihr eigenes oder das Leben anderer zu retten. Nach Angaben der Sicherheitskräfte sind unter den Demonstranten aber militante Aktivisten, die gezielt auf Polizisten und Soldaten feuern und ein Blutbad provozieren wollten.

Auch das Ausland blickt mit Sorge nach Thailand. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat von Reisen in die thailändische Hauptstadt dringend abgeraten. Die Bangkoker Flughäfen waren am Samstag nach Angaben des Auswärtigen Amts aber nicht von den Unruhen betroffen, ebenso wenig wie die touristischen Reiseziele im Süden Thailands.

Reisen nach Bangkok abgesagt

Die Funktionsfähigkeit der deutschen Botschaft in Bangkok sei bis auf weiteres gewährleistet, sagte Westerwelle. Auch die Reisehinweise des Auswärtigen Amts würden laufend aktualisiert. Ohnehin haben die Reiseveranstalter Thomas Cook und Tui Reisen nach Bangkok bis Ende Mai abgesagt, alle anderen Thailand-Urlaube fänden allerdings uneingeschränkt statt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Regierung und Demonstranten zur Ruhe auf. Sie sollten zum Dialog zurückzukehren, um die Probleme friedlich zu lösen, sagte er Angaben einer Sprecherin zufolge. Die Regierung hat allerdings neue Verhandlungen mit den Demonstranten vorerst ausgeschlossen.

Ministerpräsident Abhisit ist verärgert, weil die UDD einen fast sicher geglaubten und im Prinzip schon vereinbarten Kompromiss mit immer neuen Forderungen platzen ließen. Deshalb hatte er den neuen Armee-Einsatz angeordnet.

Die UDD verlangt den Rücktritt der Regierung. Sie besteht überwiegend aus Anhängern des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra. Dessen Anhänger gewannen die Wahlen 2007. Sie wurden aber nach Straßenprotesten und juristischen Manövern aus der Regierung gedrängt. Abhisit kam nur an die Macht, weil ein Koalitionspartner der Thaksin-freundlichen Regierung die Seiten wechselte.

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