Thailand:"Persönliche Rache"

Thailand: Der Sprecher der thailändischen Polizei zeigt am Montag ein Phantombild.

Der Sprecher der thailändischen Polizei zeigt am Montag ein Phantombild.

(Foto: Nicolas Asfouri/AFP)

Zwei Wochen nach dem Anschlag von Bangkok verbreitet die Polizei neue Theorien zu den Hintergründen.

Von Arne Perras, Singapur

Die Polizei in Bangkok ist immer für eine Überraschung gut. So war das auch am Montag, als sie verkündete, dass sie für die Festnahme eines ersten Verdächtigen nach dem Bombenanschlag nun die versprochene Belohnung von drei Millionen Baht ausgeben könne. Ein gut gelaunter Polizeichef erschien vor dem Mikrofon und erklärte, kein anderer als sein eigenes Ermittlerteam habe die Summe verdient. Drei Millionen Baht oder 75 000 Euro für die Fahnder. Die Polizei in Bangkok, sie belohnt sich selbst. Noch Fragen?

Man sollte vielleicht erwähnen, dass der Polizeichef Somyot Poompunmuang ein Drittel der Summe selbst beigesteuert hat und dass Freunde den Rest dazugegeben haben. Die Bündel sind sauber verpackt, die Journalisten verblüfft. Gute Polizeiarbeit habe zu dieser Festnahme geführt, versichert der Chef, nicht etwa irgendwelche Hinweise von außen. So gibt es nun belohnte Fahnder, einen zufriedenen Polizeichef und einen Verdächtigen hinter Gitter. Dennoch warnen Analysten davor, den Zugriff in einem Randbezirk von Bangkok bereits als Durchbruch einzustufen.

Zur Festnahme des jungen schlanken Mannes mit Stoppelbart erklärte Polizeisprecher Prawuth Thavornsiri: "Wir müssen noch die Details erarbeiten, aber wir sind sehr sicher, dass er Teil des Netzwerkes ist." Welches Netzwerk das ist, das am 17. August die Bombe gezündet haben soll, sagte er nicht. Die Hintergründe der Tat liegen immer noch im Dunkeln. Die Polizei war am frühen Samstagnachmittag mit etwa 100 Einsatzkräften auf eine Wohnung im Distrikt Nong Chok vorgerückt, um den verdächtigen Mann zu stellen, sie taten es tagsüber und hatten nichts dagegen, dass Hunderte Schaulustige und Medienleute ganz in der Nähe zusammenliefen, um zu beobachten, wie der hagere Mann schließlich abgeführt wurde.

Die Junta um General Prayuth Chan-ocha brauchte dringend einen sichtbaren Fahndungserfolg, um zu zeigen, dass sie ihrer Rolle als Wächter der Nation wahrnimmt. Der Bombenanschlag in Bangkok, bei dem zwanzig Menschen starben und mehr als hundert vor dem Erawan- Schrein verletzt wurden, hat das Land verunsichert und dem Tourismus geschadet.

Immerhin stellten die Behörden nun in zwei Wohnungen eine ganze Reihe verdächtiger Objekte und Materialien sicher: Zünder, Teile von Kugellagern, Metallrohre, Dünger, Schießpulver. Für die Ermittler sind das Hinweise auf eine mutmaßliche Bombenbauerbande. Und die Polizei sagt, dass die Funde in Verbindung mit den beiden Bombenanschlägen am 17. August stehen. Den Festgenommenen verhören Ermittler des Militärs. Armeechef Udomdej Sitabutr befand es für nötig zu versichern, dass sie die Befragungen "sanft und auf vorsichtige Weise" ausführten. Wer der Mann ist, der einen gefälschten türkischen Pass bei sich getragen haben soll, ist noch nicht geklärt. Offenbar spricht er ein wenig Englisch. Anfangs verweigerte er die Aussage, doch inzwischen hat er angeblich nützliche Informationen preisgegeben.

Bei ihm waren neben den verdächtigen Materialien zum Bombenbau auch mehr als 200 gefälschte Ausweise gefunden worden. Unklar ist, in welcher Beziehung der Mann zum bisherigen Hauptverdächtigen steht, dem auf Überwachungskameras entdeckten Unbekannten mit Brille und gelben T-Shirt. Er soll kurz vor der Explosion einen schwarzen Rucksack mit der Bombe am Tatort abgestellt haben und noch immer flüchtig sein.

Nach den Hausdurchsuchungen haben die Behörden die Fahndung nun ausgeweitet und jagen weitere Verdächtige. Gegen eine 26-jährige Thailänderin namens Wanna Suansan, die ein zweites durchsuchtes Apartment am Rand von Bangkok gemietet hat, sowie gegen einen unbekannten Ausländer, der dort gesehen wurde, ergingen Haftbefehle. Die Polizei verteilte Bilder, auf denen eine Frau mit schwarzem Kopftuch und ein hagerer junger Mann mit asiatischen Zügen zu sehen ist.

Welches Motiv die mutmaßlichen Attentäter angetrieben hat, ist nicht bekannt. Die Sicherheitsbehörden haben durch ihre teils widersprüchlichen Informationen bislang viel Verwirrung in dem Fall gestiftet. Obgleich ständig von ausländischen Verdächtigen die Rede ist, hat die Junta immer wieder die Möglichkeit einer Tat mit internationalem Hintergrund als unwahrscheinlich eingestuft. Ob die jüngsten Spuren in die Türkei führen, wie häufig in den vergangenen Tagen spekuliert wurde, ist nicht sicher. Der Polizeichef erklärte nun erneut, es sei unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen internationalen Terroristen handle. Eher habe er "aus persönlicher Rache für seine Kameraden" gehandelt, eine Aussage, die kryptisch blieb und auch Spekulationen über eine mögliche Verwicklung von Menschenschmugglern oder der organisierte Kriminalität nährt.

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