Terrorverdacht:Haftbefehl in Karlsruhe - Algerier soll für IS Balkanroute ausgekundschaftet haben

  • Der Algerier Bilal C. steht unter Terrorverdacht, er soll den Attentätern von Paris geholfen haben.
  • Angeblich habe er von deren Anführer den Auftrag erhalten, die Balkonroute nach Europa auszukundschaften.
  • Auch mit dem Attentäter auf den Thalys-Schnellzug im August 2015 soll der Verdächtige in Kontakt gestanden haben.

Von Georg Mascolo

Am vergangenen Mittwoch wurde der Algerier Bilal C. in Aachen wegen Ladendiebstahls und Betrugs verurteilt. Es ging um Schuhe, Nahrungsmittel, Kosmetika und das zweifache Kassieren von Zahlungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz in Höhe von 780 Euro. Aber kaum war die achtmonatige Jugendstrafe verhängt, da ahnte der 20-Jährige schon, dass seine Probleme mit der Justiz noch viel größer werden könnten. Staatsschützer holten ihn aus der Haft ab und brachten ihn zum Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, der am Donnerstag Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erließ.

Bilal C. steht im Verdacht, den Attentätern von Paris zur Hand gegangen sein. Von einem ihrer Anführer, Abdelhamid Abaaoud soll er persönlich den Auftrag erhalten haben, die Balkanroute zu überprüfen. Stimmen die Vorwürfe der Justiz, die sich offenbar auf ausländische Geheimdienst-Informationen stützen und vom Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt wurden, wäre der Algerier so eine Art Scout gewesen, der für den sogenannten Islamischen Staat herausfinden sollte, ob Teile des Pariser Terror-Kommandos auf diesem Weg sicher nach Europa gelangen könnten.

Tatsächlich waren zwei Attentäter, die sich im November während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland vor dem Stade de France in die Luft sprengten, mit dem Flüchtlingsstrom eingereist. Zwei weitere wurden zunächst wegen auffälliger Papiere von den griechischen Behörden aufgehalten und landeten so erst nach den Anschlägen in Salzburg. Inzwischen sitzen sie auch in Haft.

Bilal C. soll sich im Juni 2015 aus Syrien auf den Weg über die Balkanroute gemacht haben. Während der dreimonatigen Reise über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich soll er laut Bundesanwaltschaft in direktem Kontakt zu Abaaoud gestanden haben: Er soll gemeldet haben, welche Grenzübergänge offen sind, die jeweiligen Wartezeiten sowie An- und Abmarschwege. Zuvor soll er beim IS eine Ausbildung an der Waffe erhalten haben. Inzwischen soll es ein Foto geben, dass dies beweist.

Bilal C. galt als unverdächtig und verhielt sich völlig unauffällig

Zu den Verdachtsmomenten gegen Bilal C. zählt auch, dass er im direkten Kontakt zu dem Attentäter auf den Thalys-Schnellzug im August 2015 gestanden haben soll - auch ihm soll er mit Informationen über Schleusungsmöglichkeiten nach Europa geholfen haben.

Der Fall Bilal C. hat bei den deutschen Sicherheitsbehörden bereits für einige Unruhe gesorgt. Ende April war Bilal C. wegen Diebstahls und Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz festgenommen worden. Erst nähere Überprüfungen ergaben dann einen Terrorismus-Verdacht. Bis dahin galt Bilal C. als unverdächtig und verhielt sich nach Angaben aus Behördenkreisen völlig unauffällig.

Die jetzigen Erkenntnisse werfen also die Frage auf, ob sich weitere bisher unbekannte IS-Kämpfer als Flüchtlinge tarnen und womöglich auftragsgemäß ruhig verhalten.

Auf die Spur einer angeblichen Terrorzelle, die einen Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben soll, waren die Behörden vor Kurzem durch Zufall gekommen - einer der Verdächtigen legte ein Geständnis bei der Polizei in Paris ab. In diesem Fall ist allerdings unklar, ob die Angaben zutreffend sind und ein Attentat tatsächlich geplant war. Die Bundesanwaltschaft ermittelt in der Sache, in Berliner Sicherheitskreisen gibt es erhebliche Zweifel an dem Geständnis.

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