Terrorismus:Niederlande lassen Terrorverdächtige frei

Die Angehörigen der zwölf verhafteten Somalier sind entsetzt über die Razzia der niederländischen Polizei. Die Behörden entdeckten weder Waffen noch Sprengstoff und ließen inzwischen fünf Somalier frei.

Nach der Festnahme von zwölf Somaliern wegen eines angeblich kurz bevorstehenden Terroranschlags in den Niederladen haben Angehörige die Männer als unschuldig bezeichnet. Die Festgenommenen hätten "nichts mit Terrorismus zu tun", sagte der Bruder eines Verdächtigen der Zeitung De Telegraaf.

Police have arrested 12 Somali men suspected of planning a terror

In diesem Internet-Café in Rotterdam wurden einige der 12 verdächtigen Somalier verhaftet.

(Foto: dpa)

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft verdächtigte der Geheimdienst die zwölf Männer im Alter zwischen 19 und 48 Jahren, in Kürze einen Anschlag in den Niederlanden geplant zu haben. Über das geplante Anschlagsziel wurde nichts mitgeteilt.

Sechs der verdächtigen Somalier lebten in Rotterdam, fünf hätten keinen festen Wohnsitz und einer wohne in Dänemark, hieß es. Der nationale Terrorkoordinator der Niederlande ließ die Terrorwarnstufe im Land nach den Festnahmen unverändert. Er ließ durchblicken, die Wahrscheinlichkeit eines Anschlags sei "begrenzt". Gegen fünf der Verdächtigen lägen keine Beweise für die Beteiligung an Straftaten vor, teilte die Staatsanwaltschaft dann am Sonntag mit. Drei von ihnen hätten keine Aufenthaltsgenehmigung, deshalb seien sie der Einwanderungspolizei übergeben worden. Die zwei anderen hätten die niederländische Staatsbürgerschaft und seien freigelassen worden.

Die übrigen Verdächtigen müssen bis Dienstag einem Haftrichter vorgeführt oder freigelassen werden.Der Einsatzbefehl war nach einer Warnung des Geheimdienstes AIVD erfolgt, dass "eine Anzahl Somalier in Kürze einen terroristischen Anschlag in den Niederlanden verüben will", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die DSI-Beamten stürmten einen Internetshop, vier Wohnungen und zwei Hotelzimmer. Sie beschlagnahmten elf Computer.

Allerdings fanden sie weder Waffen noch Sprengstoff, wie die Staatsanwaltschaft einräumte. Auch ein konkretes Anschlagsziel sei bislang nicht bekanntgeworden. "Wir sind ganz normale, hart arbeitende Menschen. Das muss ein großes Missverständnis sein", sagte ein Mann namens Nuur zu Journalisten in Rotterdam. Sein Bruder Osman M.F. ist laut De Telegraaf unter den zwölf Festgenommenen. Er soll der Besitzer des gestürmten Internetshops sein.

Warnungen des Geheimdienstes

Nach den Angaben Nuurs, der seit zwölf Jahren legal in den Niederlanden lebt, kam sein Bruder vor sechs Jahren aus Deutschland nach Rotterdam. Er hat angeblich die deutsche Staatsbürgerschaft. Bei den niederländischen Behörden gab es dafür bisher keine Bestätigung. Mehrere der Terrorverdächtigen haben die niederländische Staatsbürgerschaft, sagte ein Polizeisprecher. Sechs von ihnen hätten in Rotterdam gewohnt. Fünf hätten keinen festen Wohnsitz und einer der Somalier sei aus Dänemark angereist.

Der niederländische Geheimdienst AIVD hatte bereits im vergangenen Jahr gewarnt, von extremistischen Gruppen in Somalia sowie im Jemen gingen Gefahren für die Niederlande aus. Im Juli 2009 waren in Kenia drei Somalier mit niederländischen Pässen sowie ein Marokkaner mit einer niederländischen Aufenthaltsgenehmigung festgenommen worden, die sich in Somalia der Extremisten-Gruppe al-Shabaab anschließen wollten.

Die offizielle Terrorwarnung für die Niederlande, die seit längerem auf "begrenzt" steht, wurde jedoch nicht erhöht. Eine akute Bedrohung sei durch die Festnahmen abgewendet worden, sagte ein Sprecher der Behörde zur Koordinierung der Terrorismusbekämpfung (NCTB). Daher brauche die Warnstufe nicht angehoben zu werden.

In den letzten Wochen hatte mehrere Terror-Anschläge die vorweihnachtliche Stimmung in Europa getrübt: Italienische Anarchisten haben sich zu den Anschlägen mit Paketbomben an zwei Botschaften in Rom bekannt, eine Woche zuvor hatte sich ein irakisch-stämmiger Schwede in Stockholm in die Luft gesprengt. In Deutschland hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) Mitte November vor erhöhter Terrorgefahr gewarnt.

Drohungen gegen Wilders

Bereits im September diesen Jahres hatten niederländische Medien über Aufrufe eines Hasspredigers berichtet, den rechtspopulistischen Politiker Geert Wilders zu enthaupten. Der Politiker erklärte am Samstag, die Festnahmen in Rotterdam zeigten "die enorme Verwundbarkeit der Niederlande und des gesamten freien Westens" durch den Terrorismus. "Wir dürfen das nicht bagatellisieren, sondern müssen mit allen verfügbaren Mitteln knallhart dagegen vorgehen."

Der Chef der rechtspopulistischen Partei für Freiheit (PVV), die als Mehrheitsbeschafferin indirekt an der Regierung in Den Haag beteiligt ist, hat immer wieder Muslime in aller Welt provoziert. Mehrfach verglich er den Koran öffentlich mit Hitlers Mein Kampf, beschimpfte den Islam als "faschistische Ideologie" und dessen Propheten als "Barbaren, Massenmörder und Pädophilen".

In den Niederlanden wurden nun erneut Erinnerungen an die brutale Ermordung des islamkritischen Regisseurs Theo van Gogh geweckt. Er war am 2. November 2004 in Amsterdam von einem fanatischen Muslim niedergeschossen worden, dessen Eltern aus Marokko stammen.

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