Terrorismus:Reina, Symbol für Reichtum und Dekadenz

Reina Istanbul

Die berühmte Terrasse des Reina beeindruckt mit der Aussicht über den Bosporus

(Foto: Reina)

Die Schüsse in der Silvesternacht treffen Istanbul in seinem Herzen als internationale, lebensfrohe Metropole. Denn das Reina war nicht irgendein Klub.

Von Barbara Vorsamer

Was für ein Ort ist das Reina, der Klub, der in der Silvesternacht Schauplatz eines Angriffs, vermutlich eines Terroranschlags, wurde? Die angesagteste Adresse in Istanbuls aufregendem Nachtleben? Ein Treff der Jungen, Schönen und Wichtigen? Oder ein Ort, an dem zwielichtige Wichtigtuer mit russischen Prostituierten Champagner trinken?

Klar ist: Nicht jeder mag den Laden - aber jeder kennt ihn. Das Reina ist eine Instanz im Istanbuler Nachtleben, wie kein anderer symbolisiert der Klub Reichtum, Luxus, Dekadenz. Der Attentäter, der in der Silvesternacht dort Dutzende Menschen erschoss und noch viel mehr verletzte, traf die Stadt in ihrem Herzen als lebensfrohe, internationale Metropole.

Der direkt am Wasser unterhalb einer der drei großen Brücken über den Bosporus gelegene Klub, der über mehrere Restaurants, Tanzflächen und eine zentrale Bar verfügt, ist seit seiner Eröffnung 2002 beim türkischen Jetset, Prominenten sowie ausländischen Touristen beliebt. Die Partys beginnen hier erst nach Mitternacht und enden in den frühen Morgenstunden.

Ins Reina geht man, um rauszuschauen

Die Bar, die Tanzfläche, die Sofas, all das ist im Reina nicht viel anders als in anderen Klubs der Stadt, höchstens etwas größer. Was das Reina besonders macht ist der einzigartige Ausblick auf den Bosporus, diese gewaltige Brücke und die Lichter der asiatischen Seite Istanbuls.

Ins Reina geht man, um rauszuschauen, doch das darf nicht jeder. In den noblen Schicki-Micki-Klub wird nur ein ausgewähltes, zahlungskräftiges Publikum gelassen. Fußballspieler und türkische Fernsehstars lassen sich gerne von ihren Chauffeuren vor dem Reina absetzen. Normalsterbliche hingegen müssen Geld für eine Tischreservierung ausgeben, um hineinzukommen. Ob es sich lohnt, die für Istanbul horrenden Preise zu bezahlen, um dort gewesen zu sein?

Für den Reiseführer Marco Polo ist das Reina "der Mittelpunkt des Istanbuler Nachtlebens." Der eher für ein junges Publikum ausgerichtete Lonely Planet sieht das anders: "Das Reina selbst bezeichnet sich als Treffpunkt ausländischer Entscheider, einen Ort, an dem Weltstars ihr Essen genießen", steht dort. "In Wirklichkeit ist es der Ort, an dem sich Istanbuls C-Promis mit den Neureichen zusammenrotten und gelegentlich ein Tourist den Türsteher überwindet, um das Spektakel anzuglotzen."

Die Brücke oberhalb der Diskothek war einer der zentralen Schauplätze des gescheiterten Militärputsches vom 15. Juli. Dutzende Zivilisten wurden getötet, als sie dem Aufruf von Präsident Recep Tayyip Erdogan folgten und sich in der Nacht den Putschisten entgegenstellten. In Erinnerung an die Opfer des Putsches wurde die Hängebrücke inzwischen offiziell in "Brücke des 15. Juli" umbenannt.

Nun ist der symbolische Ort erneut von Gewalt heimgesucht würden. Gründer Mehmat Koçarslan hat seinen Klub angeblich als Sinnbild für eine Multikulti-Türkei konzipiert, er sollte "die Welt unter einem Dach" symbolisieren. Es steht zu befürchten, dass die Angreifer das Reina aus genau diesem Grund als Ziel auswählten.

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